Sanierung / Sanierungsgewinn

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Nach dem Wirtschaftslexikon des Gabler-Verlages handelt es sich bei der „Sanierung“ im Bereich von Unternehmen um „Organisatorische und finanztechnische Maßnahmen zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit insolventer Unternehmen zur Abwendung einer Zahlungsunfähigkeit oder einer Überschuldung“.

Es ist der berühmte Kapitalschnitt/Gläubigerverzicht auf den zwischenzeitlich schon Staatshaushalte hoffen.

Um dies zu veranschaulichen: Ein Unternehmen hat ein Aktivvermögen (Aktiva – Bilanz) von 1,5 Mio. Euro und Schulden/ein Passivvermögen von 3,0 Mio. Euro. Das Unternehmen ist mit 1,5 Mio. Euro überschuldet. Die Schulden liegen mit 1,5 Mio. Euro über den Vermögenswerten.

vereinfachtes Beispiel:

Vermögensübersicht: Sanierungs-GmbH
Aktiva Passiva
Immobilien 1.000.000 € Eigenkapital 50.000 €
Sonstiges Anlagevermögen 300.000 € Bankschulden 2.500.000 €
Umlaufvermögen 150.000 € Lieferantenschulden 450.000 €
liquide Mittel 50.000 €
Summe: 1.500.000 € Summe: 3.000.000 €
Überschuldung: -1.500.000 €

Die Ursachen die zu einer solchen Vermögenslage geführt haben, können vielschichtig sein und müssen nicht zwangsläufig im Unternehmen liegen. Durch den Wertverlust von Gewerbeimmobilien bei gleichzeitigem Rückgang der Wirtschaftskraft in den Jahren ab 1998 in Ostdeutschland, sind beispielsweise auch Unternehmen in Schieflage geraten, die ohne diese Belastung wirtschaftlich funktionierten.

Für die Hauptgläubiger, im wesentlichen Banken, stellt sich dann die entscheidende Frage, ob bei einer Insolvenz und Zerschlagung des Unternehmens, d.h. Verwertung aller Vermögensgegenstände ein höhere Erlös herauskommt als bei einem teilweisen Forderungsverzicht und der Fortführung des Unternehmens.

Nehmen wir im Beispielfall folgenden Sachverhalt an:

  1. Bei einer Insolvenz wird ein Verwertungsertrag für den Hauptgläubiger der Bank von ca. 300.000 € erzielt.
  2. Bei einer Fortführung des Unternehmens und einem Forderungsverzicht der Bank auf 1,5 MIO Euro, könnte das Unternehmen in den nächsten zehn Jahren 1,0 Mio. Euro an Bankschulden nebst Zinsen tilgen.

Für die Gläubiger wäre es in diesem Falle von erheblichem finanziellen Vorteil, wenn das Unternehmen weitergeführt wird. Damit dies auch im Interesse des Unternehmers liegt, muss für diesen auch eine Perspektive erkennbar sein.

Problemfeld: Durch den Forderungsverzicht der Bank (in der Regel gegen Besserungsschein) entsteht ein sogenannter Sanierungsgewinn in Höhe von 1,5 Mio. Euro. Die Buchung lautet: Bankforderung gegen Forderungsverzicht (Gewinn- und Verlustrechnung) in Höhe von 1,5 Mio. Euro. Schließlich wurden in der vorausgegangenen Zeit Betriebsausgaben mit den Bankmitteln bezahlt (Beispiel Anschaffung der Immobilie) die steuermindernd geltend gemacht wurden (Beispiel: Sonderabschreibungen etc.). Folglich führt der Bankverzicht zu einem steuerpflichtigen Gewinn.

Soweit keine besonderen Steuerbefreiungstatbestände vorliegen, führt dies zu einer Steuerbelastung von ca. 30% = 450.000 € und diese mangels ausreichender liquider Mittel zwangsläufig zur Insolvenz des Unternehmens.

Damit dies genau in der Praxis nicht passiert machen die Gläubigerbanken ihren Verzicht von der Zustimmung der Finanzverwaltung zu einem Verzicht auf die Besteuerung des Sanierungsgewinnes abhängig.

Ein Verzicht auf die Besteuerung des Sanierungsgewinns ist betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich betrachtet in der Regel sinnvoll.

Folgende Überlegungen spielen hier eine Rolle:

  1. Ohne den Gläubigerverzicht geht das Unternehmen in Insolvenz. Es werden damit keine Steuern mehr bezahlt und ggf. hat dies auch vor Ort arbeitsmarktpolitische Auswirkungen.
  2. Der Gläubiger verzichtet nur auf die Forderungen die aus seiner Sicht nicht realisierbar sind. Insoweit handelt es sich um einen „unechten“ Verzicht.
  3. Der ermittelte Sanierungsgewinn ist ein reiner Buchgewinn der per Saldo zu keiner zusätzlichen Liquidität beim Unternehmer führt.
  4. Der Sanierungsgewinn führt auch zu keinem echten Vermögenszuwachs beim begünstigten Unternehmer, da der Verzicht sich i.d.R. nur auf die Höhe des tatsächlichen verbleibenden Vermögenswertes (rückzahlbare Schulden) begrenzt.

Aus diesen u.a. Gründen hatte der Gesetzgeber in § 3 Nr. 66 EStG festgelegt, dass Sanierungsgewinne steuerfrei bleiben. Wie so oft wurde jedoch aus Missbrauchs – und ggf. anderen Gründen diese Vorschrift wieder gestrichen.

Als Ersatz wurde eine Billigkeitsregelung eingeführt die im Ergebnis einen Erlass der auf den Sanierungsgewinn anfallenden Steuer ermöglicht, soweit es sich um ein sanierungswürdiges Unternehmen handelt, die Sanierung erfolgversprechend erscheint und am Ende auch das Unternehmen in irgendeiner Form erhalten bleibt.

Das Bundesfinanzministerium hat hierzu einheitliche enge Regeln für das Erlassverfahren im Sanierungsfall mit Schreiben vom 27.3.2003 (BStBl I, S. 2409 – Az: IV A 6 – S 2140 – 4/03) festgelegt.

In der Praxis ist dieses Verfahren sehr aufwendig und erfordert oft viel Verhandlungsgeschick und Überzeugungskraft. Letztlich besteht noch das Risiko dass die Gläubiger von einem unsicheren Vorhaben, mangels verbindlichen Verzicht seitens der Finanzverwaltung, abspringen.

Darüber hinaus, muss einmal mit der Finanzverwaltung und zum anderen mit der Kommune zum Thema Gewerbesteuer verhandelt werden. Diese Zweiteiligkeit wurde von der Rechtsprechung bestätigt (BFH 25.4.2012 – I R 24/11) und entspricht der Verfügung der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 21.03.2013 (Az. G 1498-3-St 213). Das heißt, die Finanzbehörde entscheidet über den Erlassantrag zur Einkommensteuer/Körperschaftsteuer und die Kommune über den Erlassantrag zur Gewerbesteuer. Die Entscheidung der Finanzbehörde hat demgemäß keine Bindungswirkung für die Entscheidung der Kommune. Hier muss, wie dargelegt,  separat verhandelt werden. Da im kommunalen Bereich prinzipiell „Mittellosigkeit“ herrscht, tut man sich hier mit einem Verzicht prinzipiell schwer. Dies im Besonderen dann, wenn die Gemeinde selbst unter dem „Rettungsschirm“ des Staates steht. Hier sollte ebenso deutlich belegt werden, dass es sich um einen inhaltslosen Verzicht (es ist nichts da) handelt der einen Neuanfang ermöglichen soll. Der Erlass muss dann von den politischen Vertretern (Gemeinde-/Stadtparlament) beschlossen werden.

Tipp: In der Praxis fordern die Gläubiger vor einem Verzicht den Nachweis, dass die Finanzbehörde und die Kommune hier „mietzieht“. Um dies sicherzustellen, bietet sich die Möglichkeit der Einholung einer verbindlichen Auskunft (§ 89 Abs. 2 AO) bei beiden Behörden. Dies verlängert zwar die Verhandlungen, bietet aber Rechtsicherheit.

Der Umgang mit diesem Themenkomplex erfordert erfahrene Berater.

15.5.2015

Dieter P. Gonze, Steuerberater

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