1. Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zur pauschalen Abgeltung der Wegekosten
Zur pauschalen Abgeltung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wird für jeden Tag an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale von 0,30 € je vollen Entfernungskilometer (einfache – kürzeste, verkehrsgünstigste Verbindung) gewährt. Dies unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Fahrten zum Arbeitsplatz an einem Tag und von der Wahl des Verkehrsmittels. Ausgenommen von der Entfernungspauschale sind Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber und Flüge.
Die Entfernungspauschale erhöht sich ab dem 01.01.2021 auf 0,35 € und ab dem 01.01.2022 bis zum 31.12.2026 auf 0,38 € ab dem 21. Entfernungskilometer. Bis zu einer Entfernung von 20 Kilometern bleibt die Entfernungspauschale von 0,30 € unverändert bestehen.
Der Höchstbetrag beträgt grundsätzlich 4.500 € im Kalenderjahr. Bei der Nutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen PKW greift die Begrenzung nicht.
Als Entfernung gilt die kürzeste, verkehrsgünstigste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Als Wohnung ist bei mehreren Wohnungen des Arbeitnehmers die Wohnung anzunehmen, die dem Arbeitsplatz am nächsten liegt. Hiervon kann abgewichen werden, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich von der entfernteren Wohnung startet und sich dort sein Lebensmittelpunkt (Hauptwohnung) befindet. Die Entfernungspauschale ist eine pauschale Abgeltung der Fahrtaufwendungen. Auf die tatsächlichen Fahrtkosten kommt es hier nicht an. Die Entfernungspauschale ist damit immer dann anzuwenden, wenn nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen tatsächlich keine höheren Aufwendungen steuermindernd geltend gemacht werden können.
2. Tatsächliche Aufwendungen kontra Entfernungspauschale/Mehrere Fahrten an einem Tag
Liegen die tatsächlichen Fahrtaufwendungen über der Entfernungspauschale, so können diese nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen geltend gemacht werden. Die Begrenzung auf 4.500 € entfällt in diesem Fall. Es bleibt jedoch bei der Begrenzung auf 0,30 € (ab dem 21. Kilometer: 0,35 €/0,38 €) für die Nutzung eines eigenen Pkw und bei der Begrenzung auf eine Fahrt je Tag zur Arbeitsstätte. Dies unabhängig von der Zahl der tatsächlichen Fahrten. Soweit jedoch verschiedene Arbeitgeber aufgrund mehrerer Beschäftigungsverhältnisse an einem Tag jeweils getrennt voneinander vom Wohnort aus angefahren werden, kann je Arbeitsstätte einmal die Entfernungspauschale am Tag in Anspruch genommen werden.
Hinweis:
Wird an einem Tag nur eine Strecke zurückgelegt (z.B. Hinweg zur Arbeitsstätte), ist für den betreffenden Arbeitstag nur die Hälfte der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen (BFH, Urt. v. 12.02.2020 – VI R 42/17).
Tatsächliche Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel lt. Beleg
Mit der Entfernungspauschale sind alle Kosten, die durch die Nutzung des eigenen Pkw entstanden sind, abgegolten (Parkplatz, Garage etc.).
Für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln werden die tatsächlichen Aufwendungen lt. Beleg anerkannt soweit diese über der Entfernungspauschale liegen. Hierbei entfällt die Höchstbetragsbegrenzung von 4.500 € (§ 9 Abs. 2 Satz 2 EStG).
3. Arbeitsstätte – erste Tätigkeitsstätte
Definiert ist der Begriff „erste Tätigkeitsstätte“ als ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten. Die Regelung betrifft in erster Linie Arbeitnehmer, die über keinen festen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber verfügen oder über mehrere feste Arbeitsplätze an verschiedenen Standorten des Arbeitgebers. Das steuerliche Problemfeld liegt in der Frage, ob es sich bei anfallenden Fahrtaufwendungen zur Arbeits-/Tätigkeitstätte um Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit oder um Dienstreisen handelt.
Prüfschema, ob es sich um eine erste Tätigkeitsstätte oder um keine erste Tätigkeitsstätte und demgemäß um eine Dienstreise handelt:
Folgende Bedingungen müssen für das Annehmen einer ersten Tätigkeitsstätte erfüllt sein:
Es muss sich um einer ortsfeste betriebliche Einrichtung handeln der der Arbeitnehmer entweder unbefristet, oder über die gesamte Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses oder über einen Zeitraum von über 48 Monaten zugeordnet ist.
Hierbei kann es sich um
1. Eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder
2. eine ortsfeste betriebliche Einrichtung eines mit dem Arbeitgeber verbundenen Unternehmens (im Sinne von § 15 AktG – Aktiengesetz) oder
3. um eine vom Arbeitgeber bestimmte erste Tätigkeitsstätte bei einem Kunden/Entleiher handeln.
Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, verfügt der Arbeitnehmer über keine erste Tätigkeitsstätte und anfallende Fahrtkosten fallen nach der Dienstreiseregelung an (keine Entfernungspauschale).
4. Fahrgemeinschaften
Für jeden Teilnehmer einer Fahrgemeinschaft kann die Entfernungspauschale im Rahmen des Höchstbetrages von 4.500 € p.a. in Anspruch genommen werden. Fährt der Arbeitnehmer selbst, so kann er für diese Fahrten seine tatsächlichen Aufwendungen ohne Höchstbetragsbegrenzung geltend machen. Dies gilt jedoch nicht für die Umwegfahrten zum Abholen der Mitfahrer.
Beispiel:
112 Tage in der Fahrgemeinschaft mitgefahren a 100 km kürzeste Verbindung
20 km x 0,30 € = 672 €
80 km x 0,38 € = 3.404,80 €
= 4.076,80 € – maximal jedoch 4.500 €
118 Tage selbst gefahren a 100 Kilometer
20 km x 0,30 € = 708 €
80 km x 0,38 € = 3.587,20 €
= 4,295,20 €
Es können im Beispielfall max. 8.372 € (4.076,80 € + 4.295,20 €) als Fahrtkosten gelten gemacht werden.
Wird von der Fahrgemeinschaft nur ein Fahrzeug genutzt. So kann der Fahrzeugnutzer seine tatsächlich gefahrenen Kilometer ohne Höchstbetragsbegrenzung geltend machen. Die übrigen Teilnehmer können die Entfernungspauschale im Rahmen der Begrenzung auf 4.500 € geltend machen.
5. Nutzung verschiedener Verkehrsmittel (Beispiel Park & Ride)
Der Arbeitnehmer kann für jeden Arbeitstag wählen, ob er die Entfernungspauschale oder die tatsächlichen Aufwendungen geltend macht. Häufig wird im Sommer mit dem Pkw und im Winter mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren, oder es werden an bestimmten Wochentagen die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt.
Auch die Kombination ist möglich und wurde vom Bundesfinanzministerium im Anwendungserlass vom 31.08.2009 ausdrücklich bestätigt.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer fährt mit dem Pkw täglich zu einem Park & Ride Parkplatz und nutzt dann öffentliche Verkehrsmittel, um zu seinem Arbeitsplatz zu kommen. In diesem Fall kann für die Pkw-Fahrt die Entfernungspauschale von 0,30 € je Entfernungskilometer (ab dem 21. Kilometer: 0,35 €/0,38 €) und darüber hinaus die Aufwendungen für die öffentlichen Verkehrsmittel (Beispiel Monatskarte) als Werbungskosten geltend gemacht werden. Für die Entfernungskilometer ist nur die tatsächliche Wegstrecke vom Wohnort bis zum Park & Ride Parkplatz anzusetzen. Der Betrag von 4.500 € kann somit überschritten werden.
6. Nutzung eines Firmenwagens
Wird für die Wegstrecke zwischen Wohnort und Arbeitsplatz ein Fahrzeug genutzt das vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wurde und erfolgt eine Besteuerung des geldwerten Vorteils im Rahmen der Lohn-/Gehaltsabrechnung, so kann vom Arbeitnehmer die Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend gemacht werden. Die geltend gemachten Aufwendungen, insbesondere die Kilometerangaben, sollten jedoch übereinstimmen um Probleme zu vermeiden. Macht der Arbeitnehmer höhere Aufwendungen geltend, als die, die ihm auf Arbeitgeberseite als geldwerten Vorteil versteuert wurden, kann dies zu einer Korrektur der Lohn-/Gehaltsabrechnungen und zu Steuernachforderungen führen. Grundsätzlich sollte zur Einkommensteuerberatung hier die Dezember Lohn- und Gehaltsabrechnung des betreffenden Veranlagungsjahres mit vorgelegt werden, und zwar zur Überprüfung der vom Arbeitgeber vorgenommenen Besteuerung des geldwerten Vorteils der Pkw-Nutzung.
7. Entfernungspauschale bei Körperbehinderten
Körperbehinderte mit einer anerkannten Behinderung (Ausweis / Bescheid) von 50 % und dem Merkzeichen „G“ oder „aG“ für Gehbehinderung oder einer Behinderung von mindestens 70 %, können anstatt der Entfernungspauschale die tatsächlichen Fahrtkosten als Werbungskosten geltend machen.
Bei Benutzung eines eigenen Pkw sind dies aus Vereinfachungsgründen ohne weiteren Kostennachweis 0,30 € je gefahrenen Kilometer (ab dem 21. Kilometer: 2021: 0,35 €/2022-2026: 0,38 €).
(BMF Schreiben vom 20. 8.2001, BStBl I Seite 541)
Alternativ können auch die selbst ermittelten anteiligen Fahrzeugkosten geltend gemacht werden. Hierzu sind jedoch detaillierte Aufzeichnungen zu den Anschaffungskosten und lfd. Unterhaltskosten zu führen. Bei schwer Körperbehinderten, die weitere Fahrten als außergewöhnliche Belastungen geltend machen können, ist hier die Führung eines Fahrtenbuches von Vorteil.
8. Welche Aufwendungen sind mit der Kilometerpauschale abgegolten?
Mit der Kilometerpauschale sind sämtliche Aufwendungen für die Wegkosten. Hierzu zählen auch Parkgebühren, Garagenkosten, Straßenbenutzungsgebühren (Maut), Beiträge für Kraftfahrerverbände wie ADAC, Insassenunfallversicherungen und Finanzierungskosten, Kosten für einen Austauschmotor sowie Kosten einer Falschbetankung. Ausgenommen sind außergewöhnliche Aufwendungen wie in Folge eines Diebstahls, eines totalen Motorschadens oder eines Unfalls auf dem Arbeitsweg.
9. Welche Aufwendungen können neben der Kilometerpauschale geltend gemacht werden?
- Die tatsächliche Aufwendungen für die zusätzliche Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln (Fähre, Kombi: Park & Ride)
- Aufwendungen durch einen Unfall auf dem Weg zur Arbeit
- Sonstige außergewöhnliche Aufwendungen auf dem Arbeitsweg in Folge eines Diebstahles oder eines totalen Motorschadens.
Folgende Aufwendungen kommen in Betracht:
Reparaturkosten (Werkstatt-, Teilekosten) am eigenen Fahrzeug und am Fahrzeug des Unfallgegners soweit diese übernommen wurden.
Wertminderung soweit der Wagen nicht instandgesetzt oder verschrottet wird. Hierbei wird die Differenz zwischen dem rechnerischen Buchwert (Afa 8 Jahre) und dem Zeitwert des Fahrzeuges vor dem Unfall zu Grunde gelegt. Ideal ist, wenn ein Gutachten vorliegt.
Sonstige unfallbedingte Aufwendungen die selbst getragen wurden wie zum Beispiel Schäden an der Kleidung, Mietwagen-, Anwalts- oder Sachverständigenkosten.
Schuldzinsen soweit für die Reparatur des Fahrzeuges ein Darlehen aufgenommen werden muss. Die Unfallkosten müssen natürlich zu Aufwendungen beim Arbeitnehmer geführt haben und dürfen nicht von dritter Seite ersetzt worden sein.
10. Fahrtkostenersatz und Pauschalversteuerung durch den Arbeitgeber (§ 40 Abs. 2 Satz EStG)
Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer Fahrtkostenerstattungen gewähren und diese mit 15% pauschal versteuern. Der Fahrtkostenzuschuss ist sozialversicherungsfrei.
Die Fahrtkostenerstattungen dürfen den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen könnte. Der Nachweis hierfür ist vom Arbeitgeber im Rahmen einer Lohnabrechnung zu führen (Fahrtstrecke, Kopien der Belege für öffentliche Verkehrsmittel u.a.).
Bei einer Pkw-Nutzung ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass das Fahrzeug bei fünf Arbeitstagen in der Woche durchschnittlich an 15 Tagen im Monat, gleich 180 Tagen im Jahr genutzt wird. Dies erspart eine tatsächliche Berechnung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Krankheits- und Urlaubstage.
11. Arbeitgeberleistungen sind beim Ansatz der Werbungskosten in der Einkommensteuererklärung mindernd zu berücksichtigen!
Steuerfreie oder pauschalversteuerten Arbeitgeberleistungen für die Wegeaufwendungen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind vom Arbeitgeber zu bescheinigen (§ 41b Abs. 1 s. 2 Nr. 6+7) und bei der Ermittlung der Werbungskosten zu kürzen.
Quellen:
BMF-Schreiben zur Neuregelung ab 1.1.2014 – IV C5 – S 2351/09/10002 v. 31.10.2013
BFH-Entscheidung vom 9. 6.2011 Az. VI R 55/10, VI R 36/10 und VI R 58/09
§ 9 Abs. 2 + § 9 Abs. 4 EStG, LStR R 9.5