Geringwertige Wirtschaftsgüter

Steuerliche Behandlung der geringwertigen Wirtschaftsgüter – GWGs im Rahmen des Betriebsausgabenabzugs (§ 6 Abs. 2 EStG)

Grundsätzliches:
Geringwertige Wirtschaftsgüter (i.S.v. § 6 Abs. 2 EStG), kurz GWGs, sind selbständig nutzungsfähige, abnutzbare, bewegliche Gegenstände, die dem Unternehmen länger als ein Jahr dienen und Anschaffungskosten von 800 € netto nicht übersteigen. Sie sind nicht investitionszulagenbegünstigt.

– selbständig nutzungsfähig (vgl. R 6.13 EStR)
Das Wirtschaftsgut muss eigenständig nutzungsfähig sein. Dies ist beispielsweise bei einem Scanner oder Drucker, der nur im Verbund mit einem PC-System betrieben werden kann, nicht der Fall. Der Drucker ist einzeln nach den Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bewerten und die Anschaffungskosten sind über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben.

– bewegliche Gegenstände
Grundstücke, Gebäude und immaterielle Wirtschaftsgüter wie Software und Patente sind unbeweglich. Gegenstände, die mit Gebäuden/Grundstücken verbaut werden, sind ebenso unbeweglich. Steuerlich gelten jedoch auch hier bestimmte Ausnahmeregelungen, die es im Einzelfall zu prüfen gilt. Trivialprogramme (Software) können als bewegliche Wirtschaftsgüter aktiviert und über ihre Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Bei mit dem Gebäude/Grund verbundenen Maschinen oder sonstigen Vorrichtungen aller Art kann es sich jedoch auch um eine Betriebsvorrichtung handeln. Auch eine dachintegrierte Photovoltaikanlage wird als selbständiges bewegliches Wirtschaftsgut behandelt.

– dem Unternehmen länger als ein Jahr dienen
Wirtschaftsgüter, deren Wert sich innerhalb eines Jahres verzehrt, werden als Betriebsausgaben im Jahr der Anschaffung verbucht.

– Anschaffungskosten
Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts sind alle Aufwendungen, die geleistet wurden, um den Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (vgl. § 255 Abs. 1 HGB). Hierzu gehören demgemäß Transport-, Fracht, Zoll- und Verpackungskosten etc. Zuschüsse mindern die Anschaffungskosten nicht. Es gibt jedoch das Wahlrecht, den empfangenen Zuschuss nicht sogleich als Betriebseinnahme zu versteuern. Er kann stattdessen von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des bezuschussten Anlageguts abgesetzt werden (R 6.5 Abs. 2 EStR).

– Bildung eines Sammelpostens/Poolabschreibung
Der Sammelposten ist ein steuerliches Konstrukt und als solches selbst kein Wirtschaftsgut oder Vermögensgegenstand. Über die Abschreibungsdauer des Sammelpostens spielt es keine Rolle, ob einzelne darin aufgeführte Wirtschaftsgüter sich überhaupt noch im Unternehmen befinden oder bereits verschrottet oder verkauft wurden. Der Sammelposten als solcher ist auch nicht in einem Inventarverzeichnis aufzuführen. Zur buchmäßigen Erfassung reicht die Führung eines Jahressammelkontos mit der Verbuchung der Zugänge der einzelnen Wirtschaftsgüter. Nachträgliche Anschaffungskosten für Wirtschaftsgüter, die bereits in einem Sammelpostenkonto erfasst wurden, werden diesem Konto im Jahr des Entstehens der nachträglichen Kosten zu gebucht. Das Sammelpostenkonto des jeweiligen Jahres wird über die Abschreibungsdauer wieder aufgelöst. Im Jahr der Bildung und den zwei Folgejahren wird jeweils 1/5 des jahresbezogenen Sammelpostens als Betriebsausgabe verbucht. Soweit ein Wahlrecht eingeräumt wurde, kann dies nur jahresbezogen ausgeübt werden – also: entweder Bildung eines Sammelpostens oder nicht. Dies gilt dann für alle neu angeschafften Wirtschaftsgüter des jeweiligen Jahres, die der Klasse des Sammelpostens zuzuordnen sind. Sofern der Sammelposten bezogen auf die Bilanzsumme nicht wesentlich ist, kann diese Verteilung der Aufwendungen auch in die Handelsbilanz übernommen werden.

– Nutzung von steuerlichen Wahlrechten (Sofort-AfA, Verteilung, Sammelposten)
Die optimierte Ausübung steuerlicher Wahlrechte setzt eine zielorientierte Blickweise voraus. Diese ist nicht immer von der steuerlichen Gewinnminimierung bestimmt. Insbesondere die Ausnutzung der Steuerprogression in der Einkommensteuer oder die Zusammenballung von Einkünften oder Verlusten kann hier zu Entscheidungen führen, Aufwendungen in Jahre mit einer zu erwartenden höheren Steuerbelastung zu transportieren. Des Weiteren spielen bei Existenzgründern oder Unternehmen mit schlechter Eigenkapitalquote auch bilanzielle, den Eigenkapitalausweis bestimmende Überlegungen eine Rolle.

– Aufnahme im Anlageverzeichnis
Die Aufnahme der Wirtschaftsgüter eines Unternehmens ist nicht alleine von steuerlichen Vorschriften bestimmt. Ausschlaggebend können auch handelsrechtliche Bestimmungen (§ 240 HGB, Inventarverzeichnis) oder sinnvolle Überlegungen des Unternehmers sein. Letztlich benötigt der Unternehmer einen Überblick über das Vorhandensein langlebiger Wirtschaftsgüter und Vermögensgegenstände. Wo sind die teuren Bohrmaschinen oder Werkzeuge verblieben? Insoweit ist einem Unternehmer die Führung eines Anlageverzeichnisses zu empfehlen. Wirtschaftsgüter, die noch genutzt werden, sollten dort bis zu ihrem wirtschaftlichen Verbrauch geführt wer-den, auch wenn sie längst steuerlich vollständig abgeschrieben wurden.

– Betriebsausgaben kontra Werbungskosten
Die hier dargestellten Regelungen betreffen den Abzug von Aufwendungen für GWGs im Rahmen der Betriebsausgaben (Gewinneinkünfte). Der steuerliche Abzug von Aufwendungen für GWGs im Rahmen der Überschusseinkünfte bleibt hiervon unberührt. GWGs mit Anschaffungskosten bis zu 800 € netto können im Rahmen der Überschusseinkünfte (z.B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder nichtselbständiger Tätigkeit) im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Werbungskosten verbucht werden. Übersteigen die Anschaffungskosten 800 € netto, sind diese über die wirtschaftliche Nutzungsdauer zu verteilen.

– Nettowerte/Vorsteuerabzugsberechtigung
Maßgeblicher Wert für die Zuordnung in die Wertgrenzen von 250 € , 800 € und 1.000 € sind die Nettoanschaffungskosten oder der Nettoeinlagewert. Dies ist der um die Umsatzsteuer geminderte Wert der Anschaffungskosten. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Unternehmer zum Abzug der Vorsteuer berechtigt ist (§ 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2a Satz 1 EStG).

Steuerliche, buchhalterische und bilanzielle Regelungen zu den Gewinneinkünften:

1. Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten bis 250 € netto
Die Aufwendungen sind grundsätzlich in voller Höhe als Aufwand, ohne gesonderte Erfassung, zu verbuchen. Alternativ können die Wirtschaftsgüter aktiviert und über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden.

2. Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von mehr als 250 € und maximal 800 € 
Die Aufwendungen sind grundsätzlich über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen (AfA nach Maßgabe von § 7 EStG).

Wahlrecht 1:
Alternativ kann das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgeschrieben werden (§ 6 Abs. 2 EStG). Das Wahlrecht kann für jedes einzelne Wirtschaftsgut individuell ausgeübt werden (BMF: wirtschaftsgutbezogenes Wahlrecht). Soweit nicht aus der Buchführung (GWG-Konto) ersichtlich, ist das Wirtschaftsgut mit den Mindestangaben (Bezeichnung, Tag der Anschaffung, Anschaffungskosten) in einem besonderen, laufend geführten Verzeichnis (Anlage-/AfA-Verzeichnis/Anlagebuchhaltung) aufzuführen (§ 6 Abs. 2 Satz 4 und 5 EStG).

Wahlrecht 2:
Für Aufwendungen aller im Wirtschaftsjahr angeschafften Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs-kosten von mehr als 250 € und maximal 1.000 € wird ein jahrgangsbezogener Sammelposten gebildet (§ 6 Abs. 2a EStG, R 6.13 Abs. 6 EStR). Der Sammelposten wird im Jahr der Bildung und in den vier Folgejahren zu gleichen Teilen gewinnmindernd aufgelöst . Das bedeutet, dass die Endsumme des Sammelpostens im Jahr der Bildung und in den zwei Folgejahren zu je 1/5 als Aufwand verbucht wird. Die Entscheidung, ob ein jahrgangsbezogener Sammelposten gebildet wird, kann für jedes Jahr individuell getroffen werden. Wurde die Entscheidung zur Bildung eines Sammelpostens getroffen, ist diese jedoch für alle Wirtschaftsgüter dieser Fallgruppe bindend. Das Wahlrecht bezieht sich auf den Veranlagungszeitraum/das Wirtschaftsjahr und nicht auf das einzelne Wirtschaftsgut.
Nach § 6 Abs. 2a EStG bestehen keine entsprechenden Aufzeichnungspflichten. Handelsrechtliche Verpflichtungen zur Aufnahme im Anlageverzeichnis (§ 240 HGB) und grundsätzliche unternehmerische Überlegungen hierzu sind jedoch zu beachten.

3. Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von mehr als 800 € und maximal 1.000 €
Die Aufwendungen sind grundsätzlich über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen (AfA nach Maßgabe von § 7 EStG).

Alternativ kann für die Aufwendungen aller im Wirtschaftsjahr angeschafften Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von mehr als 800 € netto und maximal 1.000 € netto ein jahrgangsbezogener Sammelposten gebildet werden (§ 6 Abs. 2a EStG, R 6.13 Abs. 6 EStR). Der Sammelposten wird im Jahr der Bildung und in den vier Folgejahren zu gleichen Teilen gewinnmindernd aufgelöst. Das bedeutet, dass die Endsumme des Sammelpostens im Jahr der Bildung und in den zwei Folgejahren zu je 1/5 als Aufwand verbucht wird. Die Entscheidung, ob ein jahrgangsbezogener Sammelposten gebildet wird, kann für jedes Jahr individuell getroffen werden. Wurde die Entscheidung zur Bildung eines Sammelpostens getroffen, ist diese jedoch für alle Wirtschaftsgüter dieser Fallgruppe bindend. Das Wahlrecht bezieht sich auf den Veranlagungszeitraum/das Wirtschaftsjahr und nicht auf das einzelne Wirtschaftsgut.

Nach § 6 Abs. 2a EStG bestehen keine entsprechenden Aufzeichnungspflichten. Handelsrechtliche Verpflichtungen zur Aufnahme im Anlageverzeichnis (§ 240 HGB) und grundsätzliche unternehmerische Überlegungen zur Führung eines ordentlichen und umfassenden Inventarverzeichnisses sind jedoch zu beachten.

Die Wahlrechte nachfolgend als Übersicht:

AHK netto 1. Wahlmöglichkeit 2. Wahlmöglichkeit 3. Wahlmöglichkeit
bis 250 € aktivieren und über ND abschreiben Sofortabzug als Betriebsausgabe
250 € – 800 € aktivieren und über ND abschreiben Sofortabschreibung Sammelposten einheitlich
250 € – 1.000 €
1.000 € – 1.000 € aktivieren und über ND abschreiben Sammelposten einheitlich
250 € – 1.000 €

Weitere Handlungsempfehlungen:

Soweit Wahlrechte genutzt werden können, sollte zwischen einem Sofortabzug und der Verteilung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gewählt werden. Die Poolbildung – Verteilung der Aufwendungen über ein Sammelpostenbestandskonto – bringt keine Vorteile.

Ob eine Sofortabschreibung oder aber die Verteilung über die Nutzungsdauer sinnvoll erscheint, kann zweckmäßigerweise am Jahresende entschieden werden.

Hierzu sollte die Verbuchung der Anschaffungskosten gleich in hierzu angelegten Konten für die drei Fallgruppen erfolgen.

  1. GWGs mit Anschaffungskosten bis zu 250 €
  2. GWGs mit Anschaffungskosten bis zu 800 €
  3. WGs mit Anschaffungskosten von mehr als 800 € und maximal 1.000 €

Fundstellen:
§ 6 Abs. 2 und 2a EStG
BMF-Schreiben v. 30.09.2010 – IV C 6 – S 2180/09/10001 § 240 HGB

Stand: Januar 2024