Besteuerung von außerordentlichen Einkünften nach der sogenannten Fünftelregelung

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Bei außerordentlichen Einkünften ist zu prüfen, ob die Tarifvergünstigung der sogenannten Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) anwendbar ist und tatsächlich steuerliche Wirkung zeigt.

Als außerordentliche Einkünfte kommen u.a. in Betracht (§ 34 Abs. 2 EStG):

  • bestimmte Veräußerungsgewinne (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, Selbständige Tätigkeit)
  • bestimmte Entschädigungen (§ 24 EStG), hierzu zählen Zahlungen:
    • als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen
    • für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit
    • für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder Anwartschaft als solche
    • die Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB
  • Einkünfte aus einer früheren Tätigkeit (§ 24 Nr. 2 EStG) aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder nicht selbständiger Arbeit.
  • Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne von § 24 Nr. 3 EStG, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden.
  • Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten (§ 34 Abs. 2 Nr.4 EStG)
    Hinweis: Gem. Entscheidung des BFH vom 7.6.2015 – VI R 44/13 ist diese Vergünstigung anzuwenden, wenn Arbeitslohn für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet wird. Die im Praxisalltag hier häufigsten Anwendungsfälle sind Arbeitnehmerabfindungen, Arbeitslohn oder auch sonstige Vergütungen für mehrere Jahre und Veräußerungs- / Aufgabegewinne.

Die im Praxisalltag häufigsten Anwendungsfälle sind Arbeitnehmerabfindungen, Arbeitslohn oder auch sonstige Vergütungen für mehrere Jahre und Veräußerungs-/Aufgabegewinne.

(Siehe auch: Abfindungen)

1.    Zusammenballung von Einkünften / Steueroptimierung

Die Anwendung der Vergünstigungsregelung setzt nach ständiger BFH-Rechtsprechung voraus, dass es zu einer Zusammenballung von Einkünften gekommen ist und damit die Besteuerung abgemildert werden muss. Wurde die Entschädigung/Abfindung bereits in mehreren Teilbeträgen und/oder zeitlich verzögert ausgezahlt, wurde einer möglichen Spitzensteuerbelastung bereits Rechnung getragen. In diesem Falle kommt es nicht zu einer zusätzlichen Anwendung der Fünftelregelung. Das Merkmal der Zusammenballung von Einkünften gilt nach dem BMF Schreiben vom 24.05.2004 als erfüllt, wenn die Jahreseinnahmen im Jahr der Abfindungszahlung die Einnahmen übersteigen, die der Steuerpflichtige bei Fortführung seines Arbeitsverhältnisses im Normalfall erhalten hätte. Ansonsten besteht kein Anspruch auf Anwendung der Fünftelregelung (vergl. hierzu BMF-Schreiben vom 24.05.2004 IV A 5 – S 2290 – 20/94 in Verbindung mit BMF-Schreiben vom 17.1.2011. Im Klartext bedeutet dies, dass bei einer Auszahlung der Abfindung im Folgejahr, indem ansonsten nur noch geringe Einkünfte erzielt werden, die Abfindungszahlung nicht nach der Fünftelregelung besteuert werden kann. Insoweit ist – bei Wahlrechten – im Vorfeld exakt zu prüfen, welche Variante (Auszahlung im aktuellen oder Folgejahr) steuerlich günstiger ist. Im Regelfall wird die Besteuerung der Abfindung in einem Jahr mit deutlich niedrigeren Einkünften per Saldo die günstigere Variante sein. Beispiel: Arbeitsende im September des Jahres 1, Auszahlung der Abfindung im Januar des Jahres 2. Soweit im Jahr 2 keine weitere Einkünfte mehr erzielt werden (Hinweis: Arbeitslosenunterstützung erhöht die Steuerbelastung!), kann dies die bessere Lösung sein. Bei Verheirateten zusammenveranlagten Ehegatten / Lebenspartner ist darüber hinaus zu prüfen, ob im Jahr der Abfindungszahlung die getrennte Veranlagung per Saldo steuerlich günstiger ist.

 2.    Auflösung eines Arbeitsverhältnisses

Ein Dienstverhältnis wird nicht aufgelöst, wenn das Arbeitsverhältnis im Rahmen einer Unternehmensumwandlung, eines Unternehmensverkaufes u.a. auf einen neuen Rechtsträger übergeht. Die Abfindungen werden in diesem Falle nicht für den Verlust von Einnahmen gewährt sondern wegen sonstiger rechtlicher Schlechterstellungen. Die Anwendung der Fünftelregelung kommt in diesen Fällen nicht in Betracht (vergl. BMF-Schreiben vom 24.05.2004 IV A 5 – S 2290 – 20/94, I Nr. 4).

Umsatzsteuererstattungen für mehrere Jahre
Umsatzsteuererstattungen aufgrund der Berichtigung von Umsatzsteuererklärungen für mehrere Jahre der Vergangenheit können ebenso beim Steuerpflichtigen zu einer Zusammenballung von Einkünften führen. Mit Urteil vom 25.2.2014 (X R 10/12) hat der Bundesfinanzhof hier den Tarifvorteil, bei einem Berufsbetreuer der aufgrund einer positiven EUGH Rechtsprechung Umsatzsteuerrückerstattungen für mehrere Jahre erhielt, bejaht.

Problemfeld Lohnabrechnung
Soweit die Abfindungszahlung nach der Fünftelmethode bereits im Rahmen der Lohnabrechnung durch den Arbeitgeber dem Lohnsteuerabzug unterzogen wurde, ist dennoch mit einer höheren Versteuerung der Abfindungszahlung im Rahmen der Einkommensteuerklärung zu rechnen.  Dies kann zu erheblichen Steuernachforderungen führen. Dies resultiert aus der Berechnungslogik, dass Einkünfte die nach dem Monat der Lohnabrechnung in dem die Abfindungszahlung besteuert wurde, sowie die Einkünfte des Ehegatten bei einer Zusammenveranlagung und etwaige Progressionseinkünfte aus Arbeitslosengeld und Krankengeld bei Anwendung der Fünftelmethode nicht berücksichtigt werden konnten. Bei zusammenveranlagten Ehegatten ist zu prüfen, ob eine Einzelveranlagung per Saldo zu einer niedrigeren Gesamtsteuerbelastung führt.  

Fünftelmethode
Je höher das Einkommen im Jahr der Zahlung des Abfindungsbetrages ist, desto geringer fällt der Steuervorteil der Fünftelmethode aus. Abfindungen, die gegen Ende des Jahres ausgezahlt werden, führen erfahrungsgemäß zu einer ungleich höheren Besteuerung als Abfindungen, die zu Anfang des Jahres ausgezahlt werden. Entscheidend sind die Einkünfte des Jahres ohne den begünstigten Abfindungsbetrag:

Fazit: Durch gezielte steuergestaltende Maßnahmen können die Einkünfte im Jahr der Abfindungs-/Entschädigungszahlung gemindert werden. Dies kann zu einer erheblichen Steuerersparnis führen. Siehe unser Beitrag „Arbeitnehmerabfindung„.

Risiken durch den Kirchensteuerabzug/Sonderausgaben:
Bei Steuerpflichtigen, die auch der Kirchensteuerpflicht unterliegen, besteht die Gefahr, dass soweit die Kirchensteuerrückerstattung im lfd. Veranlagungsjahr die Kirchensteuerzahllast übersteigt, die Vorjahresbescheide in Bezug auf den Sonderausgabenabzug berichtigt werden. Dies kann in Einzelfällen zu erheblichen Steuernachforderungen führen.

Erläuterungen und Fallbeispiele zur „Fünftelregelung“ gem. § 34 Abs. 1 EStG

Berechnungsmethode:

  1. Das zu versteuernde Einkommen – ohne den Abfindungsbetrag – sowie die hierauf entfallende Einkommensteuer werden ermittelt (= Summe „A“).
  2. Zu diesem zu versteuernden Einkommen wird ein Fünftel (20 %) der steuerpflichtigen Abfindung (Abfindungsbetrag nach Abzug des steuerfreien Betrages) addiert und die hierauf entfallende Einkommensteuer ermittelt (= Summe „B“)
  3. Der Unterschiedsbetrag zwischen den beiden Einkommensteuerbeträgen (Summe „A“ – Summe „B“) wird mit 5 multipliziert (= Summe „C“). Das Ergebnis ist die Einkommensteuer, die auf die Abfindung entfällt.
  4. Summe „A“ und Summe „C“ ergeben dann die gesamte Einkommensteuerbelastung.

Durch diese Fünftelmethode wird der steuerpflichtigen Abfindungsteil nur mit der Progressionssteigerung für das erste Fünftel des höheren Jahreseinkommens belegt.

Beispiel: Abfindung 80.000 € (Fallbeispiel Nr. 4 aus 2014)

Sachverhalt: Ehegatten, Ehemann Alleinverdiener, Letzter Arbeitsmonat Februar
mit Erhalt einer Arbeitnehmerabfindung in Höhe von 80.000 €

Steuerlast ohne Fünftelregelung: 19.283,29 €  (Fall 4-1 hier klicken zur Berechnung)
Steuerlast nach Anwendung der Fünftelregelung: 270 € (Fall 4-2 klicken zur Berechnung)
Steuervergünstigung: 19.013,29 €  (Fall 4-2 hier klicken zur Berechnung)
Hier ist leicht zu erkennen wie günstig die Anwendung der Fünftelregelung für die Besteuerung sein kann.

Im Beispielfall erfolgte die Lohnabrechnung im Februar. Tatsächlich wurden anschließend weitere Einkünfte aus dem Bezug von 20.325 € steuerfreiem Krankengeld erzielt. Dieses Krankengeld unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt, der letztlich dann zu einer deutlich höheren Besteuerung der erhaltenen Abfindung führt.

Beispiel Fall-4-3, wie vor Fall-4-2, jedoch mit Bezug von Krankengeld

Fall-4-3 Ehemann Ehefrau Summen
Bruttoarbeitslohn 2.238,00 € 0,00 €
Abfindungszahlung 80.000,00 €
Werbungskosten -1.000,00 €
Gesamtbetrag der Einkünfte 81.238,00 € 0,00 € 81.238,00 €
zu versteuerndes Einkommen 81.099,00 €
./. Außerordentliche Einkünfte -80.000,00 €
nach der Splittingtabelle z.verst. 1.099,00 €
Progressionseinkünfte ALU 20.325,00 €
Einkommensteuer 10.304,00 €
Soli 566,72 €
Gesamtsteuerbelastung 10.870,72 €
Lohnsteuerabzug 6.678,00 €
Differenz: Steuernachzahlung 4.192,72 €
Mehrsteuerbelastung zu Fall-1: 10.600,72 €

Per Saldo führt der Bezug von 20.325 € Krankengeld zu einer Mehrsteuer von 10.600,72 € = 52,1 % (10.870,72 € Steuer gegenüber 270,00 € Steuer). Damit wurde mehr als die Hälfte des bezogenen Krankengeldes für die Steuernachzahlung verwendet! Soweit der Ehegatte ebenfalls aus Arbeitslosigkeit oder Krankheit Progressionseinkünfte oder überhaupt weitere Einkünfte erzielt, kann die Steuerbelastung deutlich höher liegen. Hierauf sollte in der Beratung im Vorfeld hingewiesen werden. Ggf. sind entsprechende Modellrechnungen zu erstellen. Per Saldo ist es bei Abfindungsregelungen im Vorfeld für den Betroffenen von erheblicher Bedeutung welche finanziellen Mittel im nach Verlust des Arbeitsplatzes tatsächlich zur Verfügung stehen und nicht durch fast unkalkulierbare Mehrsteuern verbraucht werden.

Einzelberechnung zum Fall-4-3: hier Steuerberechnung
Einzelberechnung zum Fall-4-3: hier Fünftelmethode

Die Steuernachzahlung / die Mehrsteuer, die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung dann anfallen, können, je nach Lebenssachverhalt, bedingt durch die Einkünfte des Ehepartners wie Renten, Arbeitslohn etc. noch deutlich höher liegen.

Durch geschickte Gestaltungen – siehe Checkliste Abfindungen – kann eine erhebliche Steuerersparnis erzielt werden. Hier ein Link zu Modellrechnungen (ohne Gewähr).

Auch kann im Einzelfall dann eine Einzelveranlagung günstiger sein als eine Zusammenveranlagung. Dies ist zu prüfen.

Mit dem Wachstumschancengesetz wurde die Fünftelregelung bei der Lohnsteuer gestrichen.
Dies gilt erstmals für den Lohnsteuerabzug 2025.

06.04.2024

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