Gewerbesteuer

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(Kurzinfo)

Allgemeines (§§ 1 – 6 Gewerbesteuergesetz / GewStG)
Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer und eine der Haupteinnahmequellen der Gemeinden. Gegenstand der Besteuerung ist der Gewerbebetrieb (§ 15 EStG). Steuerpflichtig / Steuerschuldner ist jeder Unternehmer / jedes Unternehmen, dass im Gebiet der jeweiligen Gemeinde / Stadt eine Betriebsstätte unterhält. Nicht gewerbesteuerpflichtig sind die Angehörigen der freien Berufe. Kapitalgesellschaften sind kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 2 GewStG). Gewerbesteuerpflichtig sind auch die Betriebe gewerblicher Art der öffentlichen Hand und die Wirtschaftsbetriebe der Vereine (§ 2 Nr. 3 GewStG). Bestimmte Unternehmen sind von der Gewerbesteuer befreit (§ 3 GewStG).

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer (§§ 7 – 11 GewStG)
Grundlage der Gewerbesteuerberechnung bildet der nach den Vorschriften des Einkommens- / Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewerbeertrag zuzüglich Hinzurechnungen und abzüglich Kürzungen nach den Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes.

Im Ergebnis unterscheidet sich die Besteuerungsgrundlage „Gewinn“ nach dem Einkommensteuer- / Körperschaftsteuerrecht deutlich vom der Bemessungsgrundlage „Gewerbeertrag“ nach dem Gewerbesteuerrecht. Als Begründung wird hier u.a. die unterschiedliche Betrachtungsweise angeführt. Aus Sicht der Gewerbesteuer wird der „Gewerbebetrieb“ als solches mit seiner Ertragskraft besteuert, dies unabhängig davon, ob er mit Eigenkapital oder Fremdkapital finanziert wird oder ob er Gegenstände mit Eigenmittel finanziert oder geleast bzw. angemietet hat.

Durch gewerbesteuerliche Hinzurechnungsbeträge und die Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe, kann ein gewerbesteuerlicher Ertrag/Gewinn entstehen, obwohl der Unternehmer per Saldo einen wirtschaftlichen Verlust erwirtschaftet hat. Insoweit stellt die Gewerbesteuer für die Unternehmenskalkulation einen festen – ertragsunabhängigen – Kostenfaktor dar und muss in die Kalkulationsgrundlagen einfließen.

Welche Hinzurechnungen erfolgen auf den einkommens- / körperschaftsteuerlichen Gewinn?  (Auszugsweise § 8 GewStG)

Dem Gewinn werden 25 % aller Finanzierungsanteile hinzugerechnet, soweit der Freibetrag in Höhe von 200.000 € (bis VZ 2019: 100.000 €) überschritten wird (§ 8 GewStG)

Finanzierungsanteile sind in den Aufwandspositionen Zinsen, Mieten, Leasingraten, Lizenzen, Renten etc. zu finden. Die Finanzierungsanteile werden wie folgt ermittelt:

  • 100 % der Zinsaufwendungen, unabhängig von der Laufzeit des Darlehens. Also auch bei KK-Linien etc.
  • 100 % der Aufwendungen für Renten und dauernde Lasten
  • 100 % der Gewinnanteile eines typisch stillen Gesellschafters (Darlehensgeber)
  • 25 % der Lizenz- und Konzessionsgebühren, soweit die Lizenzen/Konzessionen vom Unternehmen genutzt und nicht im Rahmen des Vertriebs weitergereicht werden.
  • 20 % der Mieten, Pachten und Leasingraten, soweit sie auf bewegliche Wirtschaftsgüter entfallen
  • 65 %; ab dem Jahr 2010 50 %,  der Mieten, Pachten und Leasingraten, soweit sie auf unbewegliche Wirtschaftsgüter entfallen

Beispielfall Jahr 2009:

Ermittlung der Hinzurechnungen nach § 8 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz
Hinzurechnungen Zinsanteil Aufwand Summe
gezahlte Zinsen 100 % 30.000 € 30.000 €
gezahlte Renten/dauernde Lasten 100 % 0 € 0 €
Gewinnanteil typ. stiller Gesellschafter 100 % 0 € 0 €
Lizenz- und Konzessionsgebühren 25 % 36.000 € 9.000 €
Mieten, Pachten, Leasingraten für
– bewegliche Wirtschaftsgüter* 20 % 6.000 € 1.200 €
– unbewegliche Wirtschaftsgüter 65 % 216.000 € 208.000 €
Summe der Zinsanteile: 248.200 €
./. Freibetrag – 200.000 €
verbleiben 48.200 €
Hinzurechnung 25 % der Zinsanteile 25 % 12.500 €

*Hinweis: Ab VZ 2020 nur 10 % für bestimmte Elektro- und Hybridfahrzeuge sowie Elektrofahrräder.

Kritisch zu überprüfende Bereiche mit Blick auf die Hinzurechnungsregelungen:

1.  Unternehmensfinanzierung: Eigenkapital / Gesellschafterdarlehen / Fremdfinanzierung

2.  Anschaffungen: Kauf- / Miete oder Fremdfinanzierung

3.  Mietverträge mit Angehörigen

4.  Wirkung der Betriebsaufspaltung in Besitz- und Produktionsunternehmen

5.  Eigenkapitalentwicklung bei negativem Gesamtergebnis

Welche Kürzungen mindern den einkommen-/körperschaftsteuerlichen Gewinn?  (Auszugsweise § 9 GewStG)

Die im Gewerbesteuergesetz geregelten Kürzungen sollen eine Doppelbelastung mit Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie bereits in die Bemessungsgrundlage eingeflossenen Gewerbesteuerbelastungen vermeiden oder mildern und ursächlich steuerbefreite Gewinnanteile steuerbefreit belassen. Die häufigsten Kürzungen ergeben sich aus den Vorschriften zum Spendenabzug und bei mit Grundsteuer belastetem Betriebsvermögen. Wegen der, in der Praxis geringeren Bedeutung, wird im Einzelnen auf die Gesetzesvorschrift des § 9 GewStG verwiesen.

Wie wird die Gewerbesteuerlast ermittelt? (§ 11 GewStG)?
Der nach dem Einkommens-/Körperschaftsteuerrecht ermittelte Gewinn wird um die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen verändert. Soweit dieser negativ ist, ist die Berechnung für den betreffenden Veranlagungszeitraum bereits beendet. Der festgestellte gewerbesteuerliche Verlust (§ 10a GewStG) wird auf das nächste Jahr vorgetragen. Ein Verlustrücktrag (Gemeinden haben das Geld bereits ausgegeben) ist nicht möglich. Der ermittelte postive gewerbesteuerliche Gewinn wird auf volle Hundert Euro nach unten abgerundet und bildet so den gewerbesteuerlichen Gewerbeertrag.

Berücksichtigung von Freibeträgen:
Bei Gewerbebetrieben von natürlichen Personen und Personengesellschaften ist der Gewerbeertrag um den Freibetrag von 24.500 € zu kürzen.

Der Freibetrag wird dem Einzelunternehmer oder der Personengesellschaft für den steuerpflichtigen Gewerbebetrieb gewährt. Es erhöht sich damit nicht durch die Anzahl der Unternehmer. Im Gegensatz kann u.U. eine wirtschaftlich sinnvolle Aufteilung eines Gewerbebetriebes in zwei voneinander getrennte Gewerbebetriebe zu einer Verdoppelung der Freibeträge führen.

Bei Vereinen, Betrieben gewerblicher Art der öffentlichen Hand und sonstigen Unternehmen im Sinne von § 2 Abs. 3 und § 3 Nr. 5, 6, 8, 9, 15, 17, 21, 26, 27, 28 und 29 EStG, beträgt der Freibetrag 5.000 €.

Für Kapitalgesellschaften (GmbHs etc.) wird kein besonderer Freibetrag gewährt.

Steuermesszahl, Steuermessbetrag und Bescheid der Finanzbehörde hierzu:
Auf den um etwaige Freibeträge gekürzten verbleibenden positiven Gewerbeertrag wird die Steuermesszahl von 3,5 %  (§ 11 Abs. 2 GewStG) angewandt. Das Ergebnis hieraus ist der Steuermessbetrag (§§ 11, 14 GewStG).

Der Steuermessbetrag wird mit Bescheid durch das zuständige Finanzamt festgesetzt. Soweit die Berechnung fehlerhaft ist, ist gegen diesen Bescheid, innerhalb der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat, Einspruch einzulegen. Dieser Bescheid bildet die Berechnungsgrundlage für den von der oder den zuständigen Gemeinden nachfolgend erlassenen Gewerbesteuerbescheid.

Hinweis zum Rechtsbehelf: Gegen den Gewerbesteuermessbescheid des Finanzamtes ist als Rechtsbehelf Einspruch einzulegen, soweit dieser unzutreffend ist. Der Gewerbesteuermessbescheid ist auch ein Folgebescheid der sich auf Grundlage des im Einkommensteuerbescheides oder Körperschaftsteuerbescheides ermittelten Gewinnes errechnet. Soweit dieser Gewinn durch Änderung des Einkommensteuerbescheides / Körperschaftsteuerbescheides ändert (Änderung des Grundlagenbescheides) führt dies zu einer Änderung der Folgebescheide, hier Gewerbesteuermessbescheid und Gewerbesteuerbescheid auch wenn diese bereits bestandskräftig sind (Vergl. § 35b GewStG)

Berechnung der Gewerbesteuer
Die tatsächliche Höhe der Gewerbesteuer ist von dem Gewerbesteuerhebesatz der jeweiligen Gemeinde abhängig. Dieser Hebesatz wird auf den festgestellten Steuermessbetrag angewendet.

Beispiel:
Hebesatz der Gemeinde = 280 %
festgestellter Steuermessbetrag = 2.000€
Gewerbsteuer = 5,600 €  (280% von 2.000€ oder 2000€ x 2,8)

Die Hebesätze der Gemeinden schwanken je nach Haushaltslage / Ertragskraft der Kommune. Für ertragsstarke Unternehmen, insbesondere Kapitalgesellschaft, ist unter diesen Gesichtspunkten auch die Standortwahl von Bedeutung.

Vereinfachtes Berechnungsbeispiel:  

Einzelunternehmer 2009
Gewerbeertrag 80.000 €
Freibetrag gem. § 11 Abs. 1 GewStG -24.500 €
verbleibender Gewerbeertrag 55.500 €
Steuermesszahl = 3,5 %
Steuermessbetrag = 1.942 €
Hebesatz lt. Gemeinde = 380 %
Gewerbesteuer 7.380 €

Wie erfolgt die Berechnung bei mehreren Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden?
Unterhält das Unternehmen mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden, ist der Steuermessbetrag nach einem Aufteilungsschlüssel (Zerlegungsmaßstab n. §§ 29 GewStG) aufzuteilen. Letztlich soll der Grad der Leistungserbringung wesentlicher Gesichtspunkt sein. Aufteilungsmaßstab bilden i.d.R. das Verhältnis der Summe der Arbeitslöhne und Gehälter an der einzelnen Betriebsstätte zum Gesamtunternehmen. Soweit dieser Aufteilungsmaßstab zu unsinnigen Ergebnissen führt, kann in Abstimmung mit der Finanzverwaltung ein anderer – zutreffender – Zerlegungsmaßstab angewendet werden (§ 33 GewStG).

Gewerbesteuer als Betriebsausgabe (§ 4 Nr. 5b EStG)
Mit der Neuregelung der Gewerbesteuer durch die Unternehmensteuerreform ab dem Veranlagungsjahr 2008 ist die Gewerbesteuer (einschl. Nebenleistungen wie Säumniszuschläge + Zinsen) nicht mehr als Betriebsausgabe steuerlich abzugsfähig. Der Gewerbesteueraufwand mindert damit nicht mehr die Bemessungsgrundlage für den einkommensteuerlichen oder körperschaftsteuerlichen Gewinn. Bei der Ermittlung der Einkommensteuer- / Körperschaftsteuerbelastung ist dies zu beachten. Wie bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen ist eine Gefahr dieser Gesetzesvorschrift, dass Unternehmen „steuerliche Gewinne“ erzielen und mit Ertragsteuern belastet werden, obwohl das Unternehmensergebnis tatsächlich negativ ist. Die Folge ist eine steuerlich bedingte Absenkung der Eigenkapitalquote.

Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer
Die von den Gewerbebetrieben der Einzelunternehmer / Personengesellschaften gezahlte Gewerbesteuer wird auf die Einkommensteuerbelastung des jeweiligen Jahres angerechnet (§ 35 EStG). Die maximale Anrechnung beträgt das 4fache (bis VZ 2019: das 3,8fache) des für das Unternehmen festgesetzten Steuermessbetrages. Dies führt bis zu einem Hebesatz von 400 % zu einer vollständigen Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Insoweit ist die Gewerbesteuer für den betroffenen Steuerpflichtigen unproblematisch. Im Einzelfall kann es jedoch hier zu besonderen Härten und Problemfeldern kommen.

Die Anrechnungsmöglichkeit der gezahlten Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer geht dann ins Leere, wenn der Unternehmer im betreffenden Veranlagungsjahr – aufgrund geringer Gesamteinkünfte oder verrechenbarer Verluste – überhaupt keine oder nur geringe Einkommensteuer bezahlt. Eine weitere Verschiebungs- oder Verrechnungsmöglichkeit besteht hier nicht. Verschärft wird diese Problematik bei mehreren Gesellschaftern mit unterschiedlichen persönlichen Steuerergebnissen. Das Anrechnungsguthaben wird bei mehreren Gesellschaftern auf diese entsprechend dem gesellschaftlichen Gewinnverteilungsschlüssel aufteilt. Hierzu ergeht ein Feststellungsbescheid des zuständigen Betriebsstättenfinanzamtes (§ 35 Abs. 2, 3 EStG).

Unternehmer und Steuerberater müssen diese Problematik im Blickfeld haben und ggf. durch Ausnutzung von Gestaltungsmöglichkeiten bei der Ermittlung der Einkünfte entgegenwirken.

Mögliche gestalterische Gegenmaßnahmen:

  • Frühzeitige Durchführung einer Steuerplanung zur Ermittlung eines etwaigen Gewerbesteuerüberhangs.
  • Wechsel der Gewinnermittlungsart
  • Reduzierung von Verlusten im Bereich Vermietung + Verpachtung
    Verteilung von Reparaturaufwendungen auf mehrere Jahre
  • Steuerliche Optimierung durch Wechsel der Veranlagungsart bei Ehegatten
  • Überprüfung der Gewinnverteilungsregelungen beim Gesellschaftsvertrag
  • Gewinnverschiebungen durch Ausnutzung von Sonder-Afa + Investitionsabzugsbetrag u.a.

Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer

Die Gewerbesteuer wird nicht auf die Körperschaftsteuer angerechnet. Dies wurde durch die Herabsetzung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % kompensiert.

Besondere Hinweise:

  • Betriebsstätte im Sinne des Gewerbesteuergesetzes können auch Bauausführungen und Montagen sein, wenn diese in einer Gemeinde länger als 6 Monate bestehen (Abschnitt 22 Abs. 3 GewStR)
  • Heimarbeitsplätze: Für Heimarbeitsplätze gelten Sonderregelungen (§ 11 Abs. 3 GewStG)
  • Reisegewerbetreibende: Für Reisegewerbetreibende sind besondere Regelungen zu beachten auf die im o.g. Text nicht eingegangen wurde (vergl. §§ 35a, 11 Abs. 3 GewStG)
  • Veräußerungsgewinne: Der einkommensteuerlich ermittelte Veräußerungsgewinn den der Unternehmer erzielt unterliegt nicht der Gewerbesteuer (§ 7 Satz 2 GewStG). Dies gilt jedoch nicht für einen Mitunternehmeranteil der mittelbar durch eine Kapital- oder Personengesellschaft gehalten wird. Darüber hinaus kann sich eine Gewerbesteuerpflicht aus den Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes (§18 UmwStG) ergeben

Fundstellenhinweis:

GewStG = Gewerbesteuergesetz, GewStR = Gewerbesteuerrichtlinien, EStG = Einkommensteuergesetz, UmwStG = Umwandlungssteuergesetz

Stand: Mai 2022

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