Inventur per 31.12.

Nicht nur die Festtage stehen vor der Tür, auch die alljährlichen Jahresendarbeiten im Unternehmen gilt es sorgfältig zu planen und durchzuführen. Im Nachgang, zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung, oft erst Monate später, ist dies nicht mehr möglich. Stichtag ist der 31.12.. Auf diesen Tag wird – je nach Betriebsgröße – mehr oder weniger aufwändig der Jahresabschluss des Unternehmens erstellt. Je nach Betriebsart bildet hier der Bestand an Waren, unfertigen Erzeugnissen, angefangenen aber noch nicht fertig gestellten Aufträgen etc., einen wesentlichen Vermögenswert. Diesen gilt es zum 31.12. zu ermitteln. Hier unsere Informationen und Anregungen zur Inventur:

Jeder Kaufmann hat die Pflicht bei Gründung seines Unternehmens und zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres die Vermögensteile und Schulden seines Unternehmens festzustellen und zu dokumentieren. Dies erfolgt mittels der von dem Steuerberater aufgestellten Bilanz.

Bestimmte Vermögensposten der Bilanz gilt es durch Wiegen, Messen oder Zählen regelmäßig, mindestens jedoch einmal im Jahr, auf ihre Menge festzustellen und auf ihre Vollständigkeit und Werthaltigkeit hin zu überprüfen.

Für das Anlagevermögen (alle Gegenstände, die dem Unternehmen länger als ein Jahr dienen) wird durch uns mit Ihnen gemeinsam jeweils das Anlageverzeichnis erstellt. Das Anlageverzeichnis per 31.12.2022 wurde im Rahmen der Buchhaltung fortgeschrieben. Hieraus wird das Anlageverzeichnis per 31.12.2023 erstellt. Das noch Vorhandensein der dort aufgeführten Gegenstände, die Werthaltigkeit und evtl. das Nachtragen noch nicht aufgenommener Zugänge gilt es durchzuführen.

Problematischer sind die Vorräte an Waren und unfertigen Leistungen. In den meisten Fällen verfügt der Betrieb hier nicht über ein Warenwirtschaftssystem oder eine andere Bestandsführung wie beispielsweise die Kostenträgerrechnung im Baubetrieb. Aber selbst diese fortgeschriebenen Bestände gilt es zum Bilanzstichtag durch manuelles Zählen, Messen und Wiegen zu überprüfen.

In der überwiegenden Zahl von Betrieben erfolgt die Feststellung der Bestände im Jahr nur einmal und es existieren keine Bewegungsaufzeichnungen hierzu. Gerade in diesen Fällen fällt der Inventur per 31.12. eine besondere Bedeutung zu.

Der Bestand an Waren und unfertigen (noch nicht abgerechneten) Leistungen per 31.12.2023 ist in vieler Hinsicht von entscheidender Bedeutung. Er stellt einen Vermögenswert des Unternehmens dar. Hat er sich gegenüber dem Vorjahr (31.12.22) erhöht, so wird die Differenz das Jahresergebnis 2023 verbessern, hat sich der Wert vermindert, so vermindert die Differenz das Jahresergebnis. Insoweit ist es für jeden Unternehmer, je nach Umfang seiner Bestände,  bedeutsam den Inventurwert per 31.12.2023 möglichst exakt zu ermitteln. Dies auch dann, wenn er aufgrund seiner Betriebsgröße (noch) nicht buchführungspflichtig ist. Ohne ordentliche Inventur kann in vielen Fällen kein korrektes Jahresergebnis ermittelt werden. Auch eine Plausibiliisierung und Mehrjahresvergleichbarkeit des Zahlenmaterials ist ohne exakte Inventur oft nicht möglich. Für Gläubiger, wie Banken etc. ist der Inventurwert ebenso bedeutsam. Das bewusste Erstellen falscher Inventuren (zu hoch für die Bank – zu niedrig für das Finanzamt) stellt einen Straftatbestand dar (Bilanzfälschung, Kreditbetrug, Bankrottdelikte).

Die Inventur (der Vorgang: Zählen, Messen, Wiegen, Bewerten) muss auf den 31.12.2023 vorgenommen werden. Erfolgt die Durchführung kurz vor oder nach dem 31.12., so sind die Zu- und Abgänge zwischen dem Aufnahmetag (Zähltag) und dem 31.12. zu- oder abzurechnen.

Je nach Höhe des Vorratsvermögens steigen die Anforderungen an die Qualität und den Umfang der Inventur. Während man Bestände mit einem Wert von wenigen Hundert oder nur ein paar Tausend Euro noch schnell ermitteln oder ggf. schätzen kann, stellen Bestände im Wert von 10.000 € und mehr, zu prüfende Bilanzpositionen dar. Gerade diese Position kann für den Gewinn, den Verlust oder das Vermögen des Unternehmens entscheidend sein. Das Finanzamt vermutet hier eine Herabsetzung der tatsächlichen Werte und die Banken vermuten eine Heraufsetzung der tatsächlichen Werte.

Die Inventur gilt es deshalb gut vorzubereiten. Wir empfehlen eine schriftliche Inventuranweisung zu erstellen. Dies erleichtert die Inventurarbeiten auch in den Folgejahren. Eine Inventur muss den Grundsätzen der Vollständigkeit, Richtigkeit, Einzelerfassung und Nachprüfbarkeit genügen. Knappe, jedoch präzise und klar formulierte Inventuranweisungen stellen die Einhaltung dieser Grundsätze bei der Durchführung der Bestandsaufnahme sicher.

Im ersten Schritt der Inventur geht es um die sichere Feststellung der Mengen für jedes einzelne bewertbare Gut. Es wird der Bestand an Waren und Vorräten ermittelt. Die Bewertung erfolgt dann zum letzten Einstandspreis oder mit dem am 31.12. evtl. niedrigeren Handelswert. Bei unfertigen Leistungen wie noch nicht fertig gestellte Aufträge / Baustellen etc. sind die verbrauchten Materialien, Mitarbeiterstunden und etwaige Subunternehmerleistungen zu ermitteln. Zusätzlich hierzu ist der Fertigungsstand im Verhältnis zum Gesamtauftrag festzuhalten. Die Bewertung unfertiger Leistungen erfolgt dann nach dem für das Unternehmen durch uns festgelegte Verfahren. Die Bewertungsstetigkeit muss auch hier gewährleistet sein.

Nachfolgend einige Anregungen und Informationen hierzu. Für konkrete Fragen steht Ihnen natürlich der mandatsverantwortliche Berater in unserem Hause gern zur Verfügung.

I. Überblick über die Inventurverfahren

Bestandsaufnahme zum Bilanzstichtag

  1. Das Inventar ist zum Ende eines jeden Geschäftsjahres aufzunehmen. Das Ende des Geschäftsjahres bezieht sich auf den Bilanzstichtag, d. h. auf den Ablauf dieses Tages. Wenn kein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr besteht, ist dies der 31. Dezember.
  2. Stichtagsinventur
    Bei der Stichtagsinventur erfolgt die körperliche Erfassung der Vorratsbestände am letzten Tag des Wirtschaftsjahres. Die eigentliche körperliche Erfassung erfolgt je nach Beschaffenheit der Wirtschaftsgüter durch lückenloses Zählen, Messen oder Wiegen der Bestände. Bei der Aufnahme ist sicherzustellen, dass die Vermögensgegenstände vollständig erfasst werden und keine Doppelzählungen erfolgen.
  3. Ausgeweitete Stichtagsinventur
    Da oft eine Aufnahme am 31. Dezember nicht praktizierbar ist, ist es möglich, die Inventur kurze Zeit vor oder nach dem Bilanzstichtag durchzuführen. Hierbei ist eine Zeitspanne von zehn Tagen vor und nach dem Bilanzstichtag zulässig.

Andere Inventurverfahren

  1. Zeitlich verlegte Inventur
    Die Inventur kann an einem Tag innerhalb der letzten drei Monate vor oder den ersten zwei Monaten nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden, wenn durch ein Fortschreibungs- oder Rückrechnungsverfahren die ordnungsgemäße Bewertung zum Bilanzstichtag sichergestellt ist. Die Fortschreibung kann nach der folgenden Methode vorgenommen werden, wenn die Zusammensetzung des Warenbestands am Bilanzstichtag nicht wesentlich von der Zusammensetzung am Inventurstichtag abweicht:
Körperliche Inventur 30. November, Wert

220.000 EUR

+ Wareneingang 1. bis 31. Dezember

70.000 EUR

./. Wareneinsatz 1. bis 31. Dezember

90.000 EUR

Inventur-/Bilanzwert 31. Dezember

200.000 EUR

  1. Permanente Inventur
    Eine körperliche Bestandsaufnahme am Bilanzstichtag kann unterbleiben, wenn der Bestand für diesen Stichtag nach Art und Menge anhand von Lagerbüchern festgestellt werden kann. Dabei ist allerdings mindestens einmal im Wirtschaftsjahr der Buchbestand durch körperliche Bestandsaufnahme zu überprüfen.
  2. Stichprobeninventur
    Das Vorratsvermögen (Art, Menge, Wert) kann auch mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden aufgrund von Stichproben ermittelt werden. Diese Verfahren gelten nur bei einer lückenlosen Lagerbuchführung.

II. Planung und Vorbereitung der Inventur

1. Zeitliche und räumliche Vorbereitung

  • Alle Lagerplätze und –orte sind aufzunehmen und für jeden Ort ein verantwortlicher Inventurleiter zu bestimmen.
  • Es ist für jeden Lagerort ein verantwortlicher Inventurleiter zu bestimmen.
  • Der Inventurleiter hat die Inventurzettel an die Zählteams zu übergeben, sie zu kontrollieren und zu kommentieren.
  • Die einzelnen Aufnahmebereiche müssen so gegeneinander abgegrenzt sein, dass keine Überschneidungen und Lücken auftreten.
  • Der Inventurstichtag ist festzulegen. An diesem Tag sollte der Betrieb ruhen.
  • Die Lager sollten für diesen Tag aufgeräumt und übersichtlich geordnet werden.
  • Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse, fertige Erzeugnisse und Waren sollen getrennt voneinander angeordnet werden, so dass sie in Gruppen aufgenommen werden können.
  • Es muss sichergestellt werden, dass diese Vorratsarten, die an verschiedenen Orten lagern, nachher für die Bilanz zusammengefasst werden.
  • Noch vor Bilanzstichtag auszuliefernde Ware bzw. nach Bilanzstichtag eingegangene Ware sollte getrennt voneinander gelagert werden und entsprechend gekennzeichnet werden.
  • Fremdbestände und Kommissionsware sind ebenfalls getrennt zu lagern und zu kennzeichnen.
  • Es sind Inventurlisten bzw. Inventurzettel mit Durchschlag zu beschaffen.
  • Die Inventurzettel sind durchzunummerieren und an die Inventurleiter auszugeben. Die Ausgabe ist zu kontrollieren und zu kommentieren.

2. Personelle Planung

  • Der Inventurleiter hat Zählteams zu bilden, die aus einem Ansager und einem Schreiber bestehen.
  • Die Zählteams sind über die Inventurdurchführung genau zu unterrichten, insbesondere über Gliederung der Arbeitsbereiche, zeitliche Anordnung der Arbeiten, Listenbehandlung und Kennzeichnung der Objekte, Aufnahmetechnik.

III. Durchführung der Stichtagsinventur

  • Es ist darauf zu achten, dass die Listen nicht mit Bleistift geschrieben werden und keine Freizeilen gelassen werden.
  • Auf den Aufnahmeblättern sind folgende Eintragungen vorzunehmen:
    • Lagerort
    • Artikelnummer oder andere geeignete Identifizierung
    • Artikelbezeichnung
    • Menge
    • Mengeneinheit (Stück, Kilogramm, Liter)
  • Auf die durchlaufende Nummerierung der Aufnahmeblätter ist zu achten.
  • Die Vorräte sind in der Reihenfolge ihrer Lagerung aufzunehmen.
  • Es ist sicherzustellen, dass während der Aufnahme keine Lagerbewegungen stattfinden.
  • Der Ansager hat laut vorzuzählen und der Schreiber die korrekte Zählung zu überwachen.
  • Nach Zählen, Wiegen, Messen ist die Ware durch Markierung mit Kreide, Klebezettel zu kennzeichnen, um Doppelzählungen oder Auslassungen zu verhindern.
  • Die Eintragungen haben an Ort und Stelle zu erfolgen.
  • Schlecht gängige Ware, verderbliche Ware oder alte Güter sind entsprechend in der Aufnahmeliste zu kennzeichnen.
  • Bei unfertigen Erzeugnissen ist der Fertigstellungsgrad zu vermerken.
  • Ansager und Zähler haben die Inventurzettel zu unterzeichnen.
  • Bei starker Abweichung des Inventurwertes vom Buchbestand sollte der Aufnahmeleiter eine Kontrollzählung durchführen.
  • Alle Inventurlisten sind vollständig an den Inventurleiter zurückzugeben. Dieser hat den Rücklauf und seine Vollständigkeit zu kontrollieren.

IV. Überleitung des Inventars auf die Bilanzposten

1. Bewertung

  1. Fremdkäufe sind mit ihren Anschaffungskosten, unfertige und fertige Erzeugnisse mit ihren Herstellungskosten zu bewerten.
    1. Die Anschaffungskosten sind aus den entsprechenden Eingangsrechnungen abzuleiten. Dabei sind Anschaffungsnebenkosten wie Fracht, Transport, Zoll hinzuzurechnen und Anschaffungskostenminderungen wie Skonto, Rabatt abzuziehen.
    2. Sind die Anschaffungskosten am Bilanzstichtag gesunken, sind diese maßgebend.
    3. Die Herstellungskosten sind aus der betrieblichen Kostenrechnung nach handels- und steuerrechtlichen Gesichtspunkten zu entwickeln.
    4. Für nicht gängige oder veraltete Ware ist ein Bewertungsabschlag zu machen.
    5. Nach Fertigstellung der Inventurlisten sind alle Unterlagen auf rechnerische Richtigkeit zu überprüfen.

2. Ausweis

Die Vorräte sind getrennt nach

  • Rohstoffen
    • Betriebsstoffen
    • Hilfsstoffen
    • Unfertigen Erzeugnissen
    • Fertigen Erzeugnissen
    • Waren

für die Bilanzaufstellung zusammenzustellen.

3. Aufbewahrung

Alle Inventurunterlagen sind zehn Jahre im Original aufzubewahren.

Umfang und Maßnahmen der Inventur sind von der Höhe der Bestände abhängig. Kleinstbestände (max. 3.000,– €) können auch vereinfacht ermittelt und bewertet werden.

Sprechen Sie im Zweifel mit dem Mandatsverantwortlichen unseres Hauses.

Link: Mandanteninformationen zur Durchführung der Inventur

Letzte Änderung: 08.11.2023