Das „besondere Kirchgeld“ ist neben der Regelkirchensteuer, die mit der Einkommensteuer (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) vom Steuerpflichtigen erhoben wird, eine besondere Form der Kirchensteuererhebung.
Das besondere Kirchgeld wird bei zusammenveranlagten Ehegatten in einer glaubensverschiedenen Ehe nach dem jeweiligen Landeskirchensteuerrecht des Wohnsitzes der Steuerpflichtigen erhoben (Ebenso bei eingetragenen Lebenspartnerschaften). Aktuell wird in allen Bundesländern das besondere Kirchgeld erhoben.
Unter einer glaubensverschiedenen Ehe (Partnerschaft) ist eine Ehe zu verstehen, bei der ein Ehepartner Mitglied der Kirche ist (ev, rk) und der andere Ehepartner konfessionslos.
Nach der hier vereinfacht dargestellten Begründungstheorie zum besonderen Kirchgeld, gilt es die Kirchensteuerbelastung des Kirchenangehörigen an seine Leistungsfähigkeit und seinem Lebensstandard/Lebensführungsaufwand zu bemessen. Ohne das besondere Kirchgeld, würde ein verheirateter Kirchenangehöriger der nicht berufstätig und auch keine weiteren Einkünfte erzielt, keine Kirchensteuer bezahlen. Dies obwohl er im Lebensstandard auf dem Niveau seines Einkünfte erzielenden Ehegatten lebt.
Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach entschieden, dass die Erhebung von Kirchensteuer von einem Nichtkirchenmitglied unzulässig ist. Dementsprechend kommt es auch zu keiner Belastung mit besonderem Kirchgeld, wenn die Ehegatten ihre Einkommensteuerveranlagung getrennt im Wege einer Einzelveranlagung durchführen.
Wichtig: Bei einer Einzelveranlagung zahlt der konfessionslose Ehegatte kein besonderes Kirchgeld.
Besonderes Kirchgeld wird demgemäß nur in den Fällen einer Zusammenveranlagung von Ehegatten erhoben. Dies aber nur, soweit das besondere Kirchgeld die vom konfessionsangehörigen Ehegatten gezahlte Kirchensteuer übersteigt. Dieses Verfahren wurden vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Per Saldo führt dies tatsächlich jedoch zu einer deutlichen Kirchensteuermehrbelastung die sogar im Einzelfall den Vorteil der gemeinsamen Veranlagung, den Splittingtarif, übertrifft.
Wichtig: Besonderes Kirchgeld wird nur im Rahmen einer Zusammenveranlagung bei glaubensverschiedener Ehe erhoben, soweit das besondere Kirchgeld die festgesetzte Kirchensteuer für den konfessionsangehörigen Ehegatten übersteigt.
Beispiel: Berechnung des besonderen Kirchgeldes in Hessen:
Stufe | Bemessungsgrundlage | besonderes Kirchgeld | ||
gemeinsam zu versteuerndes | ||||
Einkommen lt. ESt-Bescheid | € | |||
1 | 30.000 € | bis | 37.499 € | 96 € |
2 | 37.500 € | bis | 49.999 € | 156 € |
3 | 50.000 € | bis | 62.499 € | 276 € |
4 | 62.500 € | bis | 74.999 € | 396 € |
5 | 75.000 € | bis | 87.499 € | 540 € |
6 | 87.500 € | bis | 99.999 € | 696 € |
7 | 100.000 € | bis | 124.999 € | 840 € |
8 | 125.000 € | bis | 149.999 € | 1.200 € |
9 | 150.000 € | bis | 174.999 € | 1.560 € |
10 | 175.000 € | bis | 199.999 € | 1.860 € |
11 | 200.000 € | bis | 249.999 € | 2.220 € |
12 | 250.000 € | bis | 299.999 € | 2.940 € |
13 | 300.000 € | und mehr | 3.600 € |
Hinweis zur Tabelle: Geltung in allen Bundesländern. In Baden-Württemberg, Bayern und NRW nur bei Angehörigen der evangelischen Kirche.
Fallbeispiel: Bei einer zusammenveranlagten glaubensverschiedenen Ehe mit einem zu versteuernden Einkommen von 90.000€ beträgt das besondere Kirchgeld lt. Tabelle 696 €. Diese wird erhoben, soweit der konfessionsangehörige Ehegatte keine Einkünfte bezieht oder die dort anfallende Kirchensteuer weniger als 696 € beträgt. Neben wir vereinfacht an, dass auf den konfessionsangehörige Ehegatten vom Gesamtbetrag der Einkünfte ein Anteil von 20 % entfällt. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 90.000 € fällt nach der Splittingtabelle Einkommensteuer in Höhe von 21.350 € an. Bezogen auf den konfessionsangehörigen Ehegatten bei 20% = 4.270 €. Die anfallende Kirchensteuer beträgt 9 % von 4.270 € = 384 € und liegt damit unter dem besonderen Kirchgeld. In diesem Fall wird das besondere Kirchgeld als höherer Betrag festgesetzt.
Hinweise:
1. Beträgt das Einkommen des konfessionslosen Ehegatten mehr als ca. das 1,5-fache des konfessionsangehörigen Ehegatten, führt dies i.d.R. zur Festsetzung von besonderem Kirchgeld.
2. Ist der konfessionslose Ehegatte der Hauptverdiener und erzielte der konfessionsangehörige Ehegatte keine oder nur geringe Einkünfte, führt das besondere Kirchgeld zu einer vom Einkommen des konfessionslosen Ehegatten linear ansteigenden Kirchensteuerbelastung (vergl. Tabelle).
2. Der Nachteil des besonderen Kirchgeldes kann bis zu ca. 2.000 € betragen und in einigen Fällen den Vorteil der Zusammenveranlagung aufwiegen.
Problemfelder/Fallstricke bei der Festsetzung von besonderem Kirchgeld:
1. Bei Eheschließung im laufenden Jahr muss dass besondere Kirchgeld zeitanteilig (Zwölftelregelung) ermittelt werden.
2. Die Berechnung des besonderen Kirchgeld erfolgt häufig manuell und ist mit Fehlern behaftet.
3. Bei zu erwartenden hohen Abfindungszahlungen kann anstatt des Kirchenaustritts auch ein Erlassantrag beim Kirchensteueramt zu einer akzeptablen Lösung führen.
Neben der Kirchensteuer, dem besonderen Kirchgeld gilt es im Einzelfall sich mit dem Mindestkirchgeld und der Höchstbelastung mir Kirchensteuer, der Kappungsgrenze auseinanderzusetzen.
Kirchensteuerkappung/Kappungsgrenze
Mit Hilfe der sogenannten Kappung soll die Kirchensteuerbelastung begrenzt werden und linear im Gegensatz zu dem linear-progressiven Steuertarif ansteigen. Auch hier besteht keine bundeseinheitliche Regelung und es gilt das Landeskirchensteuerrecht. In einigen Bundesländern wird die Kappungsgrenze automatisch berücksichtigt, in andern Bundesländern nur auf Antrag. Der Antrag beim zuständigen Kirchensteueramt kann sich bei besonders hohen Einkommen lohnen. Die Kappungsgrenze kann innerhalb eines Bundeslandes variieren. Maßgeblich ist der Wohnsitz und die Regelung der Kirche (Landeskirche, Diözesen) hierzu die nicht mit den Bundeslandgrenzen übereinstimmen müssen.
Infotabelle:
Kirchensteuer und Kirchensteuerkappung | auf Antrag | ||
Bundesland | Steuersatz | Kappungssatz | |
Baden-Württemberg | 8% | 2,5% bzw. 3,5% | JA |
Bayern | 8% | keine | |
Berlin | 9% | keine | |
Brandenburg | 9% | 3% | |
Bremen | 9% | 3,50% | |
Hamburg | 9% | 3,0% | |
Hessen | 9% | 3,5% bzw. 4,0% | JA |
Mecklenburg-Vorpommern | 9% | 3% | |
Niedersachsen | 9% | 3,5% | |
Nordrheinwestfalen | 9% | 3,5% bzw. 4,0% | JA |
Rheinland-Pfalz | 9% | 3,5% bzw. 4,0% | JA |
Saarland | 9% | 3,5% bzw. 4,0% | JA |
Sachsen | 9% | 3,50% | |
Sachsen-Anhalt | 9% | 3,50% | |
Schleswig-Hollstein | 9% | 3,00% | |
Thüringen | 9% | 3,50% |
Werfen wir noch einen Blick auf die Mindestbeitragskirchensteuer. Diese wird erhoben, soweit der Konfessionsangehörige keine Kirchensteuer/kein besonderes Kirchgeld bezahlt.
Rechtschutz bei der Festsetzung von Kirchensteuer
Die Kirchensteuer wird zwar i.d.R. über das Finanzamt mit dem Einkommensteuerbescheid festgesetzt, bildet jedoch einen eigenständigen Bescheid. Richtet sich der Einspruch nur gegen die Kirchensteuerfestsetzung und nicht gegen die Einkommensteuerfestsetzung, so ist dieser gegen die Behörde zu richten die den Bescheid erlassen hat. Diese ist i.d.R. das Finanzamt und in einigen Ländern die Kirchenbehörde. Dies ist dem Bescheid zu entnehmen.
Fazit:
1. Auch die Festsetzung und Berechnung der Kirchensteuer ist exakt zu prüfen.
2. In bestimmten Fällen lohnt sich ein Erlassantrag (Abfindung).
3. Die Kappungsgrenze gilt es bei höheren Einkommen zu beachten. Hierfür ist ggf. ein Antrag zu stellen.
Links:
Kirchensteuergesetz des Landes Hessen
Infos der ev-luth. Kirche in Bayern zum besonderen Kirchgeld
Stand 14.11.2018