Lohnt sich eine Riester-Vorsorge?
Die Pflichtbeiträge, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen sind, oder die Pensionsansprüche, die im Laufe eines Berufslebens erworben werden, reichen in der Regel nicht mehr, um den erreichten Lebensstandard im Altersruhestand zu sichern. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zu früheren Generationen der finanzielle Bedarf im Alter, sei es aufgrund der körperlichen Fitness, der Reise- und Unternehmenslust oder auch im Umkehrfall, wegen hoher altersbedingter Krankheits- und Pflegekosten, erheblich gestiegen ist. Vermehrt versagen die Krankenkassen dann die Leistungen für Medikamente und Gesundheitsmittel – die zwar der Gesundheit dienen, aber nicht zur „nur“ versicherten Basisversorgung gerechnet werden. Hier gilt es rechtzeitig Vorsorge zu treffen.
Obwohl die staatlich geförderte zusätzliche Altersvorsorge, die sogenannte „Riester-Rente“ bereits einen breiten Siegeszug in der Gesellschaft vollzogen hat, bestehen bei vielen Bürgern immer noch Zweifel, ob andere Anlagemöglichkeiten nicht per Saldo zu einem besseren Ergebnis führen. Geschürt werden diese Zweifel naturgemäß durch Anlagevertreter von Altersvorsorgeprodukten, die nicht durch die Riesterförderung begünstigt sind. Eine Altersvorsorge aus eigenen Beiträgen, die durch eine hohe staatliche Förderung in der Ansparphase deutlich erhöht wird, sollte per Saldo, bezogen auf das eingesetzte Eigenkapital, gegenüber anderen – nicht geförderten – Produkten, immer zu einem deutlich höheren Vermögen führen. Damit ist die Eingangsfrage schnell beantwortet. Die Riester-Vorsorge ist als erste weitere Vorsorge grundsätzlich allen Begünstigten zu empfehlen. Welche Bürger kommen nun in den Genuss einer Riesterförderung? Begünstigt sind nach der gesetzlichen Regelung (§ 10a EStG = Einkommensteuergesetz) nicht alle Bürger. Bei dem begünstigten Personenkreis handelt es sich in erster Linie um Arbeitnehmer.
Personenkreis der Riesterförderung (§ 10a EStG):
- In der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitnehmer
- Beamte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst
- Nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versicherte Personen
- Berufs- und Zeitsoldaten sowie Personen, die ein freiwilliges ökologisches oder soziales Jahr absolvieren.
- Bezieher von Vorruhestands- oder Arbeitslosengeld
- Auszubildende und geringfügig Beschäftigte (Mini-Job).
- behinderte Personen, die zur Erwerbstauglichkeit befähigt werden sollen
Der Personenkreis wird über den Ehegatten mittelbar erweitert. Gehört der Ehegatte zu dem vorgenannten begünstigten Personenkreis, so kann der andere Ehegatte über einen eigenen Riester Vertrag mittelbar ebenso zur Riester-Förderung gelangen, auch wenn er selbst nicht dem begünstigten Personenkreis angehört.
Der jährliche Sparbetrag für diesen Vertrag muss jedoch mindestens 60 € betragen (§ 79 EStG).
Dies gilt für:
- Selbstständige, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, auch wenn sie einer berufsständigen Versorgungseinrichtung angehören.
- Rentner, geringfügig – sozialversicherungsfrei – Beschäftigte und Studenten.
Die Ehegattenregelungen gelten „noch“ nicht für eingetragene Lebenspartnerschaften (§ 2 LPartG). Diese gelten als Alleinstehende.
Wie hoch ist die Riester-Förderung?
Die staatliche Förderung besteht in einer steuerfreien staatlichen Zulage (§ 79 EStG). Wirkt sich der Abzug der Vorsorgeleistungen im Rahmen der Sonderausgaben (§ 10a EStG) finanziell höher aus als die staatliche Zulage, so wird der höhere steuerliche Vorteil gewährt. Diese Regelung entspricht damit der analogen Regelung zum Kindergeld/Kinderfreibetrag. Die sogenannte „Günstigerprüfung“ erfolgt ebenso automatisch durch die Finanzverwaltung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung (Anlage AV). Die Riesterzulage besteht aus der Grundzulage und einer Kinderzulage für zum Haushalt gehörende Kinder mit Anspruch auf Kindergeld. Die tatsächliche Höhe der Riester-Förderung ist von der Höhe der eingezahlten Beiträge und vom Familienstand abhängig.
Um die höchste Förderung zu erhalten müssen 4 % des Vorjahresbruttogehaltes, maximal jedoch 2.100 € inkl. der Riester-Zulage jährlich angespart werden. Wird dieser Betrag unterschritten, wird die Zulage entsprechend gekürzt. Die aktuelle Riester-Zulage beträgt 175 €. Dieser Betrag erhöht sich auf 350 €, wenn für den Ehegatten ein eigener Vertrag besteht. Für Kinder im Haushalt mit Anspruch auf Kindergeld besteht darüber hinaus ein Anspruch auf Kinderzulage. Diese beträgt für bis einschließlich 2007 geborene Kinder jährlich 185 € und für nach 2007 geborene Kinder 300 €. Es genügt hierbei, wenn der Anspruch auf Kindergeld im lfd. Jahr mindestens für einen Monat besteht. Der Mindestbetrag (Eigenanteil), der zum Erhalt einer Riesterförderung geleistet werden muss (Sockelbetrag) beträgt 60 € jährlich. Je nach Fallkonstellation ist es damit möglich bei einer Gesamtsparleistung (inkl. Riesterzulage) von 100 % nur einen Eigenanteil von ca. 7 % zu leisten. Zur Berechnung des tatsächlichen Vorteils aus Zulage oder Steuervergünstigung und dies bezogen auf den zu erbringenden Eigenanteil, können im Internet die „Riester-Rechner“ verschiedener Anbieter genutzt werden.
Welche Altersvorsorge-Produkte werden durch die Riester-Förderung begünstigt?
Die Riesterförderung wird unabhängig davon gewährt, ob es sich um eine rein private (§ 82 Abs.1 EStG) oder eine betriebliche Altersvorsorge (§ 82 Abs. 2 EStG) handelt. Die denkbaren Anlageformen sind nicht abschließend festgelegt. Maßgeblich ist, dass der Altersvorsorgevertrag „Riester“ zertifiziert ist. Die Regelungen hierzu liegen im Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen, kurz „AltZertG“.
Zurzeit werden folgende Anlageformen angeboten:
- Die „Riester Rente“ in Form einer klassischen privaten Rentenversicherung
- Der „Bank-Sparplan“, der zum Zeitpunkt seiner Fälligkeit in eine Rentenversicherung umgewandelt und dann als lebenslange Rente ausgezahlt wird.
- Die „Fondsgebundene Rentenversicherung“ und der „Fondssparplan“
- Die Pensionskasse, der Pensionsfonds und die Direktversicherung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge (§ 3 Nr.63 EStG).
- Riester zertifiziertes Bausparkonto
- Zertifizierter Darlehensvertrag zur Förderung eigener Wohnzwecke „Wohn-Riester“
Nach den Zertifizierungsbedingungen dürfen nur lebenslängliche Leistungen frühestens mit dem 60. Lebensjahr erbracht werden (Ausnahme frühere Rentenbeginn der gesetzlichen AV). Bei Leistungsbeginn müssen mindestens die eingezahlten Beträge als Kapital zur Verfügung stehen. Der Anbieter des „Riester-Produktes“ hat den Anleger jährlich über den Stand seiner Anlage zu informieren. Der Anleger kann den Vertrag ruhen lassen oder das angesparte Guthaben auf einen anderen Altersvorsorgevertrag übertragen. Die Zertifizierung des Altersvorsorgevertrages erfolgt durch das Bundeszentralamt für Steuern. Der Anleger muss demnach darauf achten, dass der von ihm abzuschließende Vertrag eine Zertifizierungsnummer aufweist. Die Zertifizierung in Form der Zertifizierungsnummer bildet den Grundlagenbescheid für die spätere steuerliche Anerkennung des Vertrages. Eine Liste über die bis dato zertifizierten Verträge kann via Internet beim Bundeszentralamt für Steuern eingesehen werden.
Wie erfolgt die Besteuerung der Leistungen aus der Riestervorsorge?
Die Zahlungen aus der Riestervorsorge in der Leistungsphase sind im vollen Umfang steuerpflichtig (§ 22 Nr. 5 EStG). Im Gegenzug erfolgte die Kapitalansparung in der Ansparphase durch die Gewährung der Riesterzulage oder des im Einzelfall günstigeren Sonderausgabenabzugs steuerbegünstigt. Zur Besteuerung der Vorsorgebezüge erhält der Anleger in der Auszahlungsphase jährlich eine entsprechende Bescheinigung über den Leistungsbezug.
Was ist dann „Wohn-Riester“?
Zur Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums hat der Gesetzgeber die Riester-Förderung erweitert. So bestehen einmal Kapitalentnahmemöglichkeiten aus Riesterverträgen. Der Anleger kann bis zu 100 % des in einem Riestervertrag angesparten Kapitals zum Zwecke der Anschaffung oder Herstellung eines selbstgenutzten Wohneigentums (Genossenschaftsanteil, Eigentumswohnung, Einfamilienhaus) steuer- und zulageunschädlich entnehmen (§ 92a EStG). Die Besteuerung der Entnahme erfolgt unabhängig davon in der späteren „fiktiven“ Auszahlungsphase (Auflösung des Riesterkontos). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit die Sparleistungen und die Riesterförderung in einen zertifizierten Darlehensvertrag einfließen zu lassen. Zur Erreichung der Höchstförderung müssen dann 4 % des Bruttoeinkommens, max. 2.100 €, zur Darlehenstilgung und damit zur Eigenkapitalbildung verwendet werden.
Was sollte vor Vertragsabschluss noch bedacht werden?
Wesentliche Voraussetzung zum Abschluss einer Riestervorsorge ist, dass die Eigenbeiträge des Versicherten auf Dauer geleistet werden können. Der Nutzen wird – bis auf Ausnahmen (Wohnriester) – erst mit Erreichen der Auszahlungsphase realisiert. Eine vorzeitige Kündigung und Auflösung eines Riestervertrages führt aufgrund der hohen Aufwendungen der Anlageinstitute und ggf. der Rückforderung der Zulagen und Steuervorteile zu erheblichen Kapitalverlusten. Insoweit sollte sich der Anleger über seine Leistungsfähigkeit und die Langfristigkeit der Anlage bewusst werden.
Besonderheiten und Fallstricke der Riesterförderung
Das Gesamtwerk der Riesterförderung nebst aller Regelungen und Bedingungen ist systembedingt umfassend und schon damit für den Laien kompliziert. Der Wegfall von Vergünstigungen, beispielsweise wegen Änderungen im Familienstand, Rückforderung von Kindergeld, Aufgabe der Selbstnutzung einer Immobilie etc., kann zu steuerlichen Belastungen und Zulagerückforderungen führen. Soweit Arbeitgeberleistungen zu einer betrieblichen Altersvorsorge bereits steuerfrei (§ 3 Nr. 62 EStG) behandelt werden, kann dies eine gleichzeitige „Riester-Förderung“ ausschließen. Der Arbeitnehmer hat hierbei ein Wahlrecht.
Fazit zur Riester-Förderung:
Die Riesteranlage bietet sicher nicht die, im Einzelfall mit anderen Kapitalanlageformen – je nach Wirtschaftslage – erzielbare Rendite für das eingesetzte Kapital (Eigenanteil + Riesterzulage). Hierfür sind die Sicherungsregelungen und Zertifizierungsmechanismen zu einschränkend und zu teuer. Aber dies war auch nicht das Ziel des Gesetzgebers. Ein hohes Maß an Anlagesicherheit und eine zusätzliche staatliche Förderung stehen hier im Vordergrund. Jeder, der riester-förderungsberechtigt ist und einen Mehrbeitrag für seine Altersvorsorge aufbringen möchte, sollte mit Riester starten. Die Riesterförderung bietet durch die gewährten Vergünstigungen die beste Rendite für die persönlich tatsächlich eingesetzten Mittel. Alle Riester-Anlageformen garantieren den Erhalt des eingezahlten Kapitals und damit den besten Schutz vor Verlust dieser Ersparnisse. Die Riester-Rentenversicherung bietet darüber hinaus eine garantierte Mindestrente. Die, bezogen auf die eingesetzten Eigenmittel höchste Förderung, erreichen Familien mit Kindern und geringem Einkommen. Zu aller Letzt ist die Riester-Vorsorge „HARTZ IV- und pfändungssicher“. Aber – nicht vergessen – die tatsächliche Rendite einer lebenslangen Rente hängt – nicht zuletzt – vom erreichten Lebensalter der versicherten Person ab. Ein guter Tipp ist es sicherlich die Riesteranlage auf die Eigenleistung zu beschränken, die zur Erreichung der maximalen Förderung erforderlich ist. Übersteigende Mittel können dann anderen – renditeträchtigeren – Anlageformen zugewendet werden.
Stand: 29.07.2020
Rechtsgrundlagen:
Einkommensteuergesetz: § 3 Nr. 62, Nr. 63, § 10a, §§ 79, § 82, § 92a,
BMF-Schreiben vom 17.02.2020 – IV C 3 – S 2015/22/10001:001
Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen, kurz „Alt ZertG“
Bundeszentralamt für Steuern – Zertifizierungsliste
Hinweis: