Scheinfirmen – Risiko beim Einsatz von Scheinfirmen im Ausland zum Wareneinkauf in Deutschland

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Bei einer Scheinfirma handelt es sich um ein Unternehmen, das nur zum Schein existiert. Es herrscht kein Geschäftsbetrieb und die Firma besteht praktisch nur auf dem Papier. In der Praxis auch als „Briefkastenfirma“ bezeichnet, existiert für das Unternehmen nur ein Briefkasten und die Post wird dann an den eigentlichen Unternehmer oder Betreiber in Deutschland weitergeleitet.

Um die Idee und den Nutzen eines solches Unternehmens zu verdeutlichen, hier ein vereinfachtes Beispiel:

Ein deutscher Unternehmer kauft regelmäßig Teile aus dem Ausland. Er bezieht Materialien aus Belgien mit einem Stückpreis von 100 €. Die belgische Firma erhält die Bestellung jedoch von einer bulgarischen Scheinfirma des deutschen Unternehmens. In Bulgarien wird der Wareneinkauf von 100 € verbucht und die Ware wird zum Stückpreis von 400 € an das deutsche Unternehmen weiter berechnet. Der Gewinn von 300 € je Stück wird in Bulgarien zu einem niedrigen Steuersatz versteuert. Tatsächlich erfolgt dies alles nur auf dem Papier mit einer Rechnungsstellung. Diese Arbeiten werden in der Praxis entweder von einem Beauftragten oder von einem Steuerbüro in Bulgarien durchgeführt. Der deutsche Unternehmer hält sich dort nicht auf, beschäftigt weder Personal und hat auch keine Geschäftsräume in Bulgarien. Die Ware wird direkt vom belgischen Unternehmen an das deutsche Unternehmen geliefert. Der deutsche Unternehmer verkauft die Teile weiter oder nutzt diese mit einem Wert von 500 € und muss somit in Deutschland nur einen Gewinn von 100 € je Stück versteuern. Würde er die Ware direkt aus Belgien beziehen, müsste er einen Gewinn von 400 € pro Stück versteuern. Dadurch, dass die Steuern in Bulgarien deutlich niedriger sind, erzielt der deutsche Unternehmer einen Steuervorteil.

Eigentlich sollte bereits aus der Konstruktion klar sein, dass diese Regelung/Verfahrensweise nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht und darüber hinaus auch noch strafbar ist. Bereits § 42 der Abgabenordnung regelt klar, das Gestaltungen, die ohne wirtschaftliche Begründung sind und nur aus steuerlicher Sicht zur Erlangung eines Steuervorteils erfolgen, nicht zulässig sind (Gestaltungsmissbrauch).

Für Scheinfirmen bestehen darüber hinaus eine Reihe von Sonderregelungen und verschärften Vorschriften. § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) regelt bereits, dass Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer im Ausland befindlichen Firma oder Person, die dem Steuerpflichtigen nahesteht, nicht zu einer Minderung bei der Gewinnermittlung führen dürfen. Darüber hinaus bestehen für unmittelbare oder mittelbare Beteiligungen an ausländischen Unternehmen ab einer Beteiligung von 10 % Anzeigepflichten des deutschen Steuerbürgers. Der Erwerb einer Beteiligung ist mit der jährlich abzugebenden Einkommensteuererklärung oder der Körperschaftsteuererklärung dem Finanzamt anzuzeigen (§ 138 AO). Damit werden alle Umgehungstatbestände abgedeckt.

Im Beispielfall ist es ganz klar, dass der deutsche Unternehmer auch ohne Probleme die Ware direkt aus Belgien hätte beziehen können und damit der Gewinn allein in Deutschland besteuert würde. Nicht nur um Steuerhinterziehung, sondern betrügerische Geschäfte handelt es sich bei der Verwendung von gefälschten Rechnungsformularen renommierter Firmen oder nicht existierender Unternehmen über Leistungen, die nie stattgefunden haben, um die Gewinne in Deutschland zu mindern. Die Aneinanderreihung von Scheinfirmen im europäischen Ausland werden in der Praxis auch von Umsatzsteuerbetrügern genutzt um Steuern zu hinterziehen (Reihengeschäfte).

In aller Regel werden die Fälle früher oder später aufgedeckt. Durch die Steuerhinterziehung über mehrere Jahre entstehen dann extrem hohe Steuerforderungen und entsprechende strafrechtliche Konsequenzen, die häufig mit einer Gefängnisstrafe und dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz des Betrügers enden.

Dieter P. Gonze, Steuerberater

20.03.2018

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