Darlehenszuordnung bei Selbstnutzung und teilweiser Vermietung einer Immobilie
Die Zuordnung/Aufteilung der Finanzierungsaufwendungen (Zinsen, Disagio, Notar-, Amtsgerichts- und ggf. Schätzungskosten, Fahrtkosten hierzu etc.) auf den selbst genutzten und auf den vermieteten Teil einer Immobilie, erfolgt im Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen zueinander.
Beispiel 1:
Zweifamilienhaus |
Wohnfläche |
Anteil |
Anschaffungskosten |
Wohnung Erdgeschoss |
120 qm |
60 % |
120.000 € |
Wohnung Obergeschoss |
80 qm |
40 % |
80.000 € |
Summen: |
200 qm |
100 % |
200.000 € |
Finanzierung: | |||
Eigenmittel |
50.000 € |
||
Darlehen: |
150.000 € |
||
Summe: |
200.000 € |
||
Schuldzinsen p.a. |
5 % |
7.500 € |
|
davon abzugsfähig bei | |||
Vermietungseinkünften: |
40 % |
3.000 € |
Die Folge ist, dass die auf den selbst genutzten Anteil der Immobilie fallenden Finanzierungskosten (im Beispiel: 4.500 €) nicht steuermindernd geltend gemacht werden können. Diesen anteiligen Aufwendungen stehen keine Einnahmen gegenüber. Insoweit können Sie keiner Einkunftsart, wie beispielsweise „Vermietung und Verpachtung“ als Werbungskosten zugeordnet werden.
Steuerlich betrachtet wurden mit dem Darlehen zwei verschiedene Wirtschaftsgüter finanziert. Einmal der selbst genutzte Teil der Immobilie und zum anderen der vermietete Teil der Immobilie.
Es liegt nicht nur im Interesse einer steuerlichen Optimierung, sondern auch im elementaren Eigeninteresse des Immobilieneigentümers, dass der von ihm selbst genutzte Immobilienteil möglichst vollständig mit Eigenkapital finanziert oder zumindest schnellstens entschuldet wird. Durch die gleichmäßige Verteilung des Darlehens auf die gesamte Immobilie ist dies jedoch nicht möglich.
Eine Zuordnung des gesamten Eigenkapitals auf den selbstgenutzten Teil und den größten Teil des Darlehens auf den vermieteten Teil hätte zu Folge, dass es zu einer deutlichen Steuerminderung bei den Vermietungseinkünften kommt. Die zusätzliche Liquidität könnte damit gut zur schnelleren Entschuldung der Immobilie eingesetzt werden. Insoweit lohnen sich Überlegungen zu einer optimierten Gestaltung.
Eine klare Lösung ist die Aufteilung des Objekts in Wohneigentum im Vorfeld des Kaufs oder des Neubaus. Hier kann das Eigenkapital für die selbstgenutzte Eigentumswohnung in voller Höhe verwendet werden. Ein verbleibender Restbetrag kann mit einem hierauf abgestellten Darlehen – bei höchstmöglicher Tilgung – finanziert werden. Mit der Tilgung der vermieteten Wohneinheit wird dann erst nach Tilgung des Darlehens für den selbstgenutzten Teil begonnen.
Voraussetzungen für eine steuerliche Anerkennung dieses Modells sind jedoch:
- Abschluss separater Kaufverträge / Bauaufträge bei denen die Wertzuordnung nachvollziehbar und nicht unangemessen ist.
- Abschluss der entsprechenden Darlehensverträge.
- Tatsächliche Verwendung der Mittel wie vertraglich vereinbart. Das heißt: Zahlung des Kaufpreises oder der Baurechnung(en) für die eigengenutzte Immobilie mit den hierfür bestimmten Eigenmitteln und Darlehen und ebenso Zahlung des Kaufpreises oder der Baurechnung(en) mit den Darlehensmitteln für die vermietete Immobilie.
- Keine Zusammenfassung von Verträgen und Zahlungen für beide Immobilien.
Beispiel 2:
Zweifamilienhaus |
Wohnfläche |
Anteil |
Anschaffungskosten |
Wohnung Erdgeschoss |
120 qm |
60 % |
120.000 € |
Wohnung Obergeschoss |
80 qm |
40 % |
80.000 € |
Summen: |
200 qm |
100 % |
200.000 € |
Finanzierung: | |||
Wohnung Erdgeschoss: | Eigenmittel: |
50.000 € |
|
Darlehen 1: |
70.000 € |
||
Summe: |
120.000 € |
||
(Darlehenstilgung 3 % / Zinsen 4,5 %) | |||
Kosten nicht abzugsfähig: | Zinsen: |
4,75 % |
3.325 € |
Wohnung Obergeschoss: | Darlehen 2: |
80.000 € |
|
Kosten abzugsfähig: | Zinsen: |
5,22 % |
4.176 € |
Auch bei Immobilien die nicht in Wohneigentum aufgeteilt sind, kann eine Zuordnung von Darlehen und Eigenmitteln erfolgen, soweit dies von vorne herein erkennbar und nachvollziehbar ist und die Zahlungen dem gemäß erfolgen.
Hierbei sind die von der Rechtsprechung und des Bundesfinanzministeriums aufgestellten Grundsätze konsequent einzuhalten:
1.Anschaffung von Immobilien:
- Der Kaufpreis der Immobilie ist bereits im Kaufvertrag auf die vermietete und die selbstgenutzte Wohneinheit angemessen (plausibel und nachvollziehbar) aufzuteilen.
Beispiel: Der Kaufpreis von 200.000 € entfällt zu 120.000 € auf die Wohneinheit im Erdgeschoss (120 qm) und zu 80.000 € auf die Wohneinheit im Dachgeschoss (80 qm) des Anwesens.
2. Neubau von Immobilien:
- Bei Anschaffung eines unbebauten Grundstückes sollte bereits auf die geplante spätere Bebauung und Nutzung der Immobilie abgestellt werden.
- Baukosten die nur dem gesamten Gebäude zugeordnet werden können (Dach, Keller, Außenanlagen etc.) sind vom Rechnungssteller im Verhältnis der Wohneinheiten zueinander aufzuteilen und jeweils getrennt zu berechnen. Beispiel: Herstellung des Rohbaus, hiervon anteilig 40% für die Wohnung im Dachgeschoss bzw. 80% für die Wohnung im Erdgeschoss
Zahlungsabwicklung:
- Die Zahlungen haben für jede Wohneinheit von dem für diese Wohneinheit eigens angelegten Bankkonto zu erfolgen. Darlehensauszahlungen erfolgen auf das entsprechende Konto der Wohneinheit. Auch die Eigenkapitalzuführung erfolgt auf diesem Wege. Die Begleichung von Rechnungen oder Verträgen, die beide Wohneinheiten betreffen, kann nur durch zwei anteilige Zahlungen von dem jeweiligen Konto erfolgen.
Das Bundesfinanzministerium hat hierzu mit Schreiben vom 16.04.2004 (IV C 3 S 2211 36/04) wie folgt ausgeführt:
„Ein Steuerpflichtiger, der ein teilweise vermietetes und teilweise selbstgenutztes Gebäude mit Eigenmitteln und Fremdmitteln finanziert, kann Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, soweit er die Darlehensmittel tatsächlich zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des vermieteten Gebäudeteils verwendet.“
1.Zuordnung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Der Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten setzt zunächst voraus, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Gebäudeteilen, die eigenständige Wirtschaftsgüter bilden, zugeordnet werden. Hierbei ist Folgendes zu beachten:
- Anschaffungskosten, Anschaffungsnebenkosten
- Einer nach außen hin erkennbaren Zuordnung der Anschaffungskosten durch den Steuerpflichtigen, z.B. durch Aufteilung des zivilrechtlich einheitlichen Kaufpreises im notariellen Kaufvertrag, ist steuerrechtlich zu folgen, soweit die Aufteilung nicht zu einer unangemessenen wertmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Gebäudeteile führt.
- Trifft der Steuerpflichtige keine nach außen hin erkennbare Zuordnungsentscheidung, sind die Anschaffungskosten den einzelnen Gebäudeteilen nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen anteilig zuzuordnen.
- Herstellungskosten
-
- In Rechnung gestellte Entgelte für Lieferungen und Leistungen, die ausschließlich einen bestimmten Gebäudeteil betreffen (z.B. Aufwendungen für Bodenbeläge, Malerarbeiten oder Sanitärinstallationen in einer einzelnen Wohnung), sind diesem Gebäudeteil gesondert zuzuordnen. Diese Aufwendungen müssen entweder durch den Unternehmer gesondert abgerechnet oder durch den Steuerpflichtigen in einer gleichartigen Aufstellung gesondert aufgeteilt und ausgewiesen werden.
- Kosten, die das Gesamtgebäude betreffen (z.B. Aufwendungen für den Aushub der Baugrube, den Rohbau, die Dacheindeckung, den Außenanstrich), sind den einzelnen Gebäudeteilen nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen anteilig zuzuordnen. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige die Kosten für die Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet hat, ohne die auf die jeweiligen Gebäudeteile entfallenden Kosten gesondert auszuweisen.
2. Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Für den Werbungskostenabzug ist darüber hinaus ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und den zugeordneten Anschaffungs- oder Herstellungskosten für den vermieteten Gebäudeteil unabdingbar. Dieser liegt nur dann vor, wenn dieser Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten tatsächlich mit den dafür aufgenommenen Darlehensmitteln bezahlt worden ist. Hieraus folgt für Anschaffungs- und Herstellungsvorgänge:
- Anschaffung eines Gebäudes
Eine gesonderte Zahlung der zugeordneten Anschaffungskosten liegt auch vor, wenn der Steuerpflichtige diese Kosten mittels eines eigenständigen Darlehens auf ein Notaranderkonto überweist und der Notar den gesamten Kaufpreis vom Notaranderkonto auskehrt.
- Herstellung eines Gebäudes
- Von einem wirtschaftlichen Zusammenhang ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige ein Baukonto ausschließlich mit Darlehensmitteln ausstattet und die Zahlungen der zugeordneten Herstellungskosten zu Lasten dieses Kontos ergehen.
- Versäumt es der Steuerpflichtige, die den unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen gesondert zugeordneten Aufwendungen getrennt mit Eigen-/Darlehensmitteln zu finanzieren, sind die Schuldzinsen nach dem Verhältnis der Baukosten der einzelnen Gebäudeteile schätzungsweise aufzuteilen.
- Werden die Kosten für die Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet und bezahlt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass auch die Darlehensmittel nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen verwendet worden sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Steuerpflichtige durch eigene Aufstellung die Herstellungskosten anteilig dem vermieteten Gebäudeteil zuordnet und die sich danach ergebenden Herstellungskosten mit Darlehensmitteln bezahlt ( BFH-Urteil vom 25. März 2003 ).
3. Anwendungsregelungen
Die vorstehenden Grundsätze sind auch für ein vom Steuerpflichtigen beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer anwendbar, das als selbständiger Gebäudeteil zu behandeln ist.“
Mit Urteil vom 01.04.2009 (IX R 35/08) hat der Bundesfinanzhof zu der dargestellten Problematik der Darlehensaufteilung bei gemischtgenutzten Objekten entschieden:
- Nimmt der Steuerpflichtige Darlehen zur Finanzierung je unterschiedlicher Grundstücksteile auf, die eigenständige Wirtschaftsgüter bilden, scheitert der Zuordnungszusammenhang zu einzelnen Grundstücksteilen aber, weil die Valuten sämtlicher Darlehen auf ein Girokonto fließen, von dem dann der Steuerpflichtige den gesamten Kaufpreis an den Verkäufer überweist, so sind die entstandenen Schuldzinsen grundsätzlich nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen aufzuteilen.
- Dies gilt nicht, wenn die Parteien des Kaufvertrags den Kaufpreis in anderer Weise auf die erworbenen Wirtschaftsgüter aufgeteilt haben und dieser Maßstab – weil weder zum Schein getroffen noch missbräuchlich – auch steuerrechtlich bindet. In diesem Fall ist der Kaufpreis nach dem Verhältnis des auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Kaufpreises zum Gesamtkaufpreis aufzuteilen und die entstandenen Schuldzinsen in Höhe des hiernach auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Anteils abzuziehen.
Dieter P. Gonze, Stb. – Stand 4.11.2009