Umsatzsteuerfreie Umsätze bei Heilberufen (Arzt, Physiotherapeut u.a.) Problemfelder, Tipps und Handlungsempfehlungen für Freiberufler

Nach § 4 Nr. 14 a Umsatzsteuergesetz (UStG) sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit eines Freiberuflers (Freiberufler im Sinne von § 18 EStG) steuerfrei.

Die Regelung setzt zwei Dinge voraus:

  1. Es wird eine Heilbehandlung durch ärztliche oder arztähnliche Leistung erbracht.
  2. Der Unternehmer/Freiberufler verfügt über die hierzu erforderliche Qualifikation.

Was ist eine „Heilbehandlung“ im umsatzsteuerlichen Sinne?

Heilbehandlungen sind Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden.

Die nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG umsatzsteuerbefreiten Leistungen müssen der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen. Sie dienen damit nicht der reinen Gesundheitsvorsorge oder einer Wellnessmaßnahme. (vergl. Art. 13 Teil A, Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 77/388 / EWG). Typische Heilbehandlungen stellen die physikalische Therapie (Physiotherapie, Krankengymnastik), podologische Therapie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie (Logopädie) und die Ergotherapie dar.

Bei einer Heilbehandlung aufgrund einer ärztlichen Verordnung handelt es sich demgemäß grundsätzlich um eine umsatzsteuerfreie Leistung. Wie sieht es jedoch bei den Folgebehandlungen aus, für die ggf. kein Rezept vorliegt?

Beispiel: Es wurden vom Arzt aufgrund eines Bandscheibenvorfalls zehn Massagen verschrieben. Auf die Verschreibung weiterer Massagen wurde aufgrund restriktiver Regelungen der Krankenkassen verzichtet, obwohl das Krankheitsbild eine Fortführung der Behandlung erfordert.

Lösung: Bis einschließlich zum 31.12.2011 wird unterstellt (Übergangsregelung), dass Heilbehandlungen im Anschluss einer ärztlichen Diagnose stets steuerfrei sind (Verfügung der OFD-Frankfurt/Main vom 26.07.2011).

Dies muss aus der Buchhaltung des Freiberuflers nachvollziehbar zu erkennen sein. Demnach sind die umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen und die umsatzsteuerfreien Einnahmen auf verschiedene Erlöskonten zu buchen. Darüber hinaus sind für die umsatzsteuerfreien Einnahmen die Nachweise aufzubewahren (ärztliche Verordnung, Krankenkassenabrechnung o.ä.).

Die Vorlage einer ärztlichen Verordnung (Rezept) ist zwingend erforderlich, um die Steuerfreiheit zu erhalten.

Tipp: Wenn sich der Arzt weigert ein Rezept auszustellen, da er sonst gegen Kostenregelungen der gesetzlichen Krankenkassen verstoßen würde, sollte der betroffene Patient die Ausstellung eines „Privatrezeptes“ verlangen. Damit wird die ärztliche Verordnung belegt, auch wenn der Kranke die Behandlungskosten selbst tragen muss. Freiberufler, die Heilbehandlungen erbringen, sollten ihre Patienten hierzu ermuntern.

Hinweis: Im Zusammenhang mit den ausgeführten Heilbehandlungen werden auch Leistungen abgerechnet, die einzeln betrachtet umsatzsteuerpflichtig sind. Hierzu zählen Verbrauchsmaterialen wie Spritzen, Verbandsmaterial oder auch Reiseleistungen. Im Zusammenhang mit einer ärztlich verordneten Heilbehandlung stellt diese Nebenleistung jedoch auch eine umsatzsteuerfreie Leistung dar. Dies gilt allerdings nicht für Warenverkäufe wie Massagebäder, Heilcremes etc.. Bei der Verabreichung von Heilbädern kann jedoch eine Besteuerung zum ermäßigten Steuersatz von 7% gem. § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG in Frage kommen.

Wie kann der Freiberufler sich noch vor einer Umsatzsteuerbelastung schützen?

Die Belastung mit Umsatzsteuer häufig zu einer Gewinnreduzierung. Letztlich kann der Freiberufler nicht ausreichend Vorsteuerbeträge dagegen setzen, so dass hier mit finanziellen Einbußen zu rechnen ist.

Liegen die umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen im Jahr unter 22.000 €, kann der Unternehmer von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Die umsatzsteuerfreien Einnahmen aus der Heilbehandlung werden in die Bemessungsgrundlage von 22.000 € nicht mit einbezogen. Liegen die Einnahmen über 22.000 € im Jahr, sollte über Gestaltungen nachgedacht werden, um unter diese Grenze zu gelangen. Hierzu könnte sich im Einzelfall auch die Auslagerung des Warenverkaufs auf einen anderen Unternehmer (Ehegatte, Mitarbeiter, GbR o.ä.) anbieten.

Rechtsgrundlagen:

§ 4 Nr. 14 Satz 1 UStG, UStR 91a, EWGRichtl-77/388 Art 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c,

Abschnitt 4.14.1 des UStAE,

§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG

§ 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG, Abschnitt 12.11 Abs. § Nr. 3 UStAE

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG,

OFD-Frankfurt/Main, Verfügung v. 26. 7.2011 – S 7170 A – 89 – St.112

BFH-Beschluss v. 28. 9.2007 – V B 7/06

aktualisiert: Januar 2020