Vermietung und verbilligte Überlassung von Wohnungen an Angehörige
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Die Überlassung/Vermietung von Wohnraum oder Gewerberäume an Angehörige ist kein Ausnahmefall, sondern kommt alltäglich vor. Erfolgt die Überlassung unentgeltlich ist dies kein Problem und ebenso zulässig. Allerdings kann dann der Eigentümer der Immobilie die anteiligen Aufwendungen für die unentgeltlich überlassene Fläche nicht steuermindernd geltend machen. Dies ist aus Sicht des Gesetzgebers auch leicht nachvollziehbar, denn wer auf Einnahmen verzichtet, kann die Ausgaben nicht dem Rest der Steuerzahlergemeinschaft aufbürden.
Nehmen wir als erstes Beispiel ein Dreifamilienhaus mit drei gleich großen und gleichwertigen Wohnungen. Die Erdgeschosswohnung wird vom Eigentümer, Herrn Müller, selbst genutzt, die Wohnung im ersten Obergeschoss hat er seiner Tochter mit Familie überlassen und die 2. Obergeschosswohnung wird an fremde Dritte vermietet. Die Werbungskosten des Hauses, inkl. anteiliger Abschreibung und Schuldzinsen betragen 21.000 €. Die Mieteinnahmen für die vermietete Wohnung betragen 6.000 €. Durch die Erzielung von Mieteinnahmen befindet sich der Eigentümer Müller in der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG – Einkommensteuergesetz). Gegen die Miete kann er die anteiligen Werbungskosten rechnen. Natürlich nur für die vermietete Fläche. Im Beispielfall sind dies 1/3 aller Aufwendungen von 21.000 € = 7.000 €. In seiner Steuererklärung erklärt Herr Müller einen Verlust aus der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.000 € (6.000 € Einnahmen ./. 7.000 € Werbungskosten). Dieser Verlust wird mit seinen übrigen Einkünften verrechnet und führt zu einer Steuerminderung von 480 € (ESt. = 42% + Soli 5,5% + KiSt 9,0%).
Insbesondere dann, wenn die Immobilie durch eine Fremdfinanzierung oder hohe Instandhaltungsaufwendungen belastet ist, kann es wirtschaftlich sinnvoll oder auch zwingend erforderlich sein, die im Objekt lebenden Familienangehörigen an den Ausgaben zu beteiligen. Auch eine Gestaltung allein aus steuerlichen Gründen ist hier denkbar und zulässig. Nehmen wir im zweiten Beispiel an, Herr Müller vermietet die Wohnfläche im ersten Obergeschoss an seine Tochter und erzielt hierbei Mieteinnahmen von 4.200 € im Jahr. Die Vermietung erfolgte gegenüber dem fremden im Haus lebenden Mieter verbilligt. Schließlich handelt es sich um die eigene Tochter. In seiner Steuererklärung erklärt nun Herr Müller einen Verlust in Höhe von 3.800 € (6.000 € + 4.200 € = 10.200 € Einnahmen ./. 14.000 € Werbungskosten). Dieser Verlust führt nun zu einer Steuerminderung von 1.827 € (ESt. = 42 % + Soli 5,5% + KiSt 9,0% = 48,09%). Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung konnte er nun 2/3 der Hausaufwendungen, entsprechend der vermieteten Fläche, steuermindernd geltend machen. Die verbilligte Vermietung führte zwar zu niedrigeren Mieteinnahmen, aber tatsächlich zu einer höheren Steuererstattung. Ein interessantes Steuermodell. Aber, der Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 21 Abs. 2 EStG diesem Modell einen kleinen Riegel vorgeschoben. Unterschreitet die verbilligte Vermietung den Grenzwert von 66 % der ortsüblichen Miete, so können nur noch die anteiligen Werbungskosten im Verhältnis der verbilligten zur ortsüblichen Miete steuermindernd berücksichtigt werden.
Im Beispielfall liegt die ortsübliche Miete bei 6.000 € im Jahr. Die verbilligte Vermietung an die Tochter erfolgte zu 4.200 € und entspricht damit einem Anteil von 70 %. Entsprechend der Gesetzesregelung kann Herr Müller seine Aufwendungen ungekürzt für die, an die Tochter vermietete Fläche geltend machen.
Ändern wir den Fall zum dritten Beispiel ab und Herr Müller vermietet die Wohnung an seine Tochter zum halben Marktpreis, hier 3.000 € im Jahr. In seiner Steuererklärung erklärt nun Herr Müller einen Verlust aus der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.500 € (6.000 € + 3.000 € = 9.000 € Einnahmen ./. 7.000 € + 3.500 € Werbungskosten). Dieser Verlust führt zu einer Steuerminderung von 721,35 €. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung konnte er nun 1/3 der Hausaufwendungen, entsprechend der fremd vermieteten Fläche (7.000 €) und 50 % der Hausaufwendungen, entsprechend der zu 50 % verminderten Miete überlassenen Fläche (3.500 €), steuermindernd geltend machen.
Fazit: Aus dem Blick des „Steuermodells“ ist es also von Bedeutung, dass bei der Vermietung an Angehörige die ortsübliche Marktmiete nicht den Grenzwert von 66 % unterschreitet, um eine Kürzung des Werbungskostenabzugs zu vermeiden.
Die Frage ist, wie kann Herr Müller dies überwachen, oder welche Vergleichsmiete, welcher Mietpreisspiegel oder welcher Mietindex ist hier entscheidend. Die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main, hat hierzu in ihrer Verfügung vom 22.1.2015 – S 2253 A – 85 – St 227 einige für die Verwaltung verbindliche Entscheidungsgrundlagen gegeben. Die Marktmiete resultiert aus der ortsüblichen Kaltmiete und den, nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten. Existieren im Objekt gleichwertige Wohnungen oder war die betreffende Wohnung unmittelbar vorher an fremde Dritte vermietet, so lässt sich ein Mietpreis je qm leicht ermitteln und eine Vergleichsmiete hochrechnen. Ist dies nicht der Fall, so gilt der örtliche Mietpreisspiegel. Hier ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 17.8.2005 – IX R 10/05 der untere Rahmenwert des Mietpreisspiegels als Vergleichswert anzunehmen. Der Ansatz der durchschnittlichen Vergleichsmiete wird demnach nicht gefordert. Das Finanzgericht Hessen hat mit Urteil vom 13.10.2014 (4 K 1082/14) entschieden, dass auch ein Wert des Mietwertkalkulators (Mika) des Hessischen Amts für Bodenmanagement nicht zu beanstanden ist. Dieser ist im Internet für Jedermann abrufbar. Kommt man hier bei der Recherche auch nicht weiter, kann beispielsweise bei einer Eigentumswohnanlage auch der Verwalter oder bei Gebäuden, der am Ort aktive Makler befragt werden. Auch die Onlinerecherche über Immobilienportale ist hier eine Möglichkeit. Hier lassen sich ortsübliche Preise je qm/Wohnfläche gut ermitteln. Ab- und Aufschläge sind natürlich je nach Lage und Ausstattung des Objektes zu berücksichtigen. Wichtig ist, dass die Ergebnisse schriftlich festgehalten und damit dokumentiert werden, um eine Beweisführung in einem Steuerstreitverfahren zu ermöglichen. Im Übrigen wendet die Finanzverwaltung bei ihren Recherchen die gleichen Verfahren an.
Tipp: Es ist natürlich in Zeiten steigender Mieten riskant, bei der verbilligten Vermietung immer am Grenzwert von 66 % zu arbeiten. Die Feststellung, ob dieser tatsächlich unterschritten wurde, erfolgt immer rückblickend. Wird die Mietpreisentwicklung nicht zeitnah beobachtet, besteht somit ein Risiko. Wie im Beispielfall sollte hier immer ausreichend „Luft“ bestehen und eine verbilligte Vermietung sollte eher in der Bandbreite zwischen 70 % – 75 % der ortsüblichen Miete liegen.
Wichtig: Ein weiterer zu beachtender Punkt bei Mietverträgen mit Angehörigen ist, dass die Verträge und tatsächlichen Handlungen einem so genannten Drittvergleich standhalten, d.h. wie unter Fremden Dritten üblich sind. Durch die Nutzung von Standardverträgen des Bürofachhandels oder der Grundstücksverbände und durch die Vereinbarung üblicher Bedingungen kann diesem potentiellen Streitrisiko entgegengewirkt werden. Das gleiche gilt auch für die Zahlungsgepflogenheiten. Die Miet- und Umlagezahlungen sollten demgemäß monatlich, spätestens bis zum 3. des Folgemonats unbar, per Überweisung oder Dauerauftrag erfolgen. Gerade zur Dokumentation von Mieterhöhungen etc. eignen sich „angebliche“ Barzahlungen per Mietbuch nicht.
Auch bei der Umlagenabrechnung sind, soweit keine Einzelzähler vorhanden sind, die Umlagen sachgerecht für die verbilligt überlassene Wohnung zu ermitteln. Hier können übliche Aufteilungsparameter wie Wohnfläche oder Personenzahl genutzt werden.
Bei der Vermietung an Kinder ist eine weitere Besonderheit von Bedeutung. Immer häufiger kommt es vor, dass vermögende Eltern am Studienort ihres Kindes eine Eigentumswohnung erwerben und diese dann an ihr Kind vermieten. Aufgrund der Abschreibungen, Schuldzinsen und der niedrigen Miete, führt dies zu einem steuerlichen Verlust der dann aufgrund der Verrechnung mit anderen positiven Einkünften zu tatsächlichen Steuererstattungen/Steuerersparnis führt. Hier ist aber zu prüfen, ob das Kind aufgrund eigener Einkünfte überhaupt wirtschaftlich in der Lage ist, die Wohnung anzumieten. Dies muss im Zweifel durch eine Einnahmen-/Ausgabenrechnung des Kindes belegt werden. In der Regel liegen die Aufwendungen für eine Mietwohnung bei ca. 30% – 50% der Einkünfte eines Mieters. Gestaltungsmodelle die ein Darlehen der Eltern an die Kinder zur Finanzierung der Ausbildungskosten und des Lebensunterhaltes beinhalten, scheitern erfahrungsgemäß Regelmäßig am Einwand des Gestaltungsmissbrauchs (§42 AO).
Dieter P. Gonze, Steuerberater
14. 8.2015