Steuerstraftaten / Steuerhinterziehung
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Steuerstraftaten passieren nicht in erster Linie auf höchster gesellschaftlicher Ebene, sondern – weit unspektakulärer – in allen gesellschaftlichen Schichten und im alltäglichen Bereich. Leider hat der Gesetzgeber mit einem für den Laien undurchsichtigen und in der Alltagspraxis komplizierten Steuerrechtssystem vielen „kleinen“ Steuerhinterziehungssach-verhalten Vorschub gegeben.
Der Tatbestand der Steuerhinterziehung ist weit gefasst. Bereits strafbar sind der Versuch der Steuerhinterziehung, das pflichtwidrige in Unkenntnisse lassen der Finanzbehörde über steuerlich relevante Vorgänge (Beispiel: Schenkung, Erbschaft, Kapitaleinkünfte) und die Nichtabgabe oder Abgabe falscher Steuererklärungen.
Dem Bürger sind hier viele Umstände die den Vorwurf der Steuerhinterziehung bereits begründen unbekannt oder in einer Vielzahl von Fällen bei Ausübung der Tat nicht bewusst.
Da werden Tankbelege und sonstige Quittungen weitergereicht an denjenigen, der sie „absetzen kann“, es werden Arbeitsleistungen in Anspruch genommen ohne das Lohnsteuer abgeführt oder vom Unternehmer eine Rechnung gefordert wird. So ist es für ältere Bürger beispielsweise äußerst kompliziert eine Haushaltshilfe steuerlich- und sozial-versicherungsrechtlich legal zu beschäftigen und für eine Putzfrau nahezu unmöglich in verschiedenen Haushalten für wenige Stunden ohne großen Erklärungsaufwand tätig zu werden.
Für Steuerstraftaten gelten die allgemeinen Gesetze des Strafrechts (§ 369 AO). Steuerhinterziehung kann – je nach Schwere der Tat – mit einer Geldbuße oder/und einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden.
Unterschätzt werden oft die Folgen für weitere Beteiligte, denen die Beihilfe zur Steuerhinterziehung angelastet und nachgewiesen werden kann. Unabhängig von den strafrechtlichen Folgen, die im Einzelfall vielleicht noch mild ausfallen, stellt das Haftungsrisiko für den Beteiligten oft eine viel größere Gefährdung – insbesondere seiner wirtschaftlichen Existenz – dar. Das Gesetz, § 71 der Abgabenordnung (AO), beschreibt den Haftungstatbestand wie folgt „Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 233 AO“. Neben dem Steuerhinterzieher stehen damit dem FISKUS noch weitere Personen zur Verfügung, die für den Hinterziehungsschaden haften. Es bedarf wenig Phantasie, um sich vorzustellen, dass der eigentliche Nutznießer und Steuerhinterzieher längst über alle Berge oder, vielleicht praxisnäher, vermögenslos ist.
Das Strafrecht unterscheidet zwischen dem Täter, dem Mittäter, einem mittelbaren Täter, einem Nebentäter und einem Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe). Strafrechtlich ist die „Beihilfe“ als „vorsätzliches Hilfeleisten gegenüber einem anderen zu dessen vorsätzlicher rechtswidriger Tat“ definiert (§ 27 Strafgesetzbuch). Beihilfe kann schon begehen wer dem Steuerhinterzieher ein entscheidendes Mittel in die Hand gibt, um die Tat zu vollziehen. Die Beihilfe kann auch im „Nichtstun“ bestehen. Die bekanntesten Fälle aus der Tagespresse sind die Verfahren gegen Mitarbeiter der Banken und Vermögensanlageinstitute. Weniger bekannt, aber doch nahezu alltäglicher sind Fälle wie , „auf die Handwerkerrechnung kann man verzichten, wenn es nur billiger wird“, der angestellte Buchhalter verbucht die Vorsteuer aus einer Rechnung obwohl ihm diese Rechnung in korrekter Form nicht vorliegt, der Unternehmer erstellt eine Rechnung für eine erbrachte Leistung entsprechend den von der Realität abweichenden Textwünschen des Auftraggebers aus, die Vereinsbuchhalterin führt „schwarze Kassen“ für die „gemeinsame Sache“ u.s.w.. Helfer oder Teilnehmer einer Steuerstraftat kann jeder sein. Entscheidend für die Strafbarkeit und die hieraus folgende Haftungsinanspruchnahme ist, ob ihm die „Steuerhinterziehung“ bekannt war oder bekannt sein musste, oder ob er sich fahrlässig über („will ich gar nicht wissen, wird schon richtig sein“) die Umstände im Unklaren lies. Dies trifft den angestellten Buchhalter, den Bankmitarbeiter, den Steuerberater, die Mitarbeiter des Steuerberaters, wie auch den bei der Zusammenveranlagung die Steuererklärung mitunterschreibenden Ehegatten.
Beihilfe ist die wissentliche Hilfeleistung zu einer vom Täter begangenen Straftat. Wo also beginnt die Beihilfe, wann sind Angestellte Hinterziehungsgehilfen? Sicherlich dann, wenn sie aktiv zur Steuerhinterziehung beraten, sicherlich dann, wenn bewusst falsche Buchungen, Umsatzsteuervoranmeldungen, Zollpapiere, Rechnungsbelege und ähnliche Dokumente erstellt oder mit erstellt werden; aber auch wenn Tarnüberweisungen oder sonstige Geldverschiebungen vorgenommen werden. Auch wenn der Angestellte oder Gehilfe nur geringe oder überhaupt keine Vorteile aus der Steuerhinterziehungstat genießt und ihn vielleicht ein nur geringes Strafmaß trifft, steht das Haftungsrisiko hierzu im grassen Missverhältnis. Der Bauunternehmer ist pleite und der angestellte Buchhalter haftet mit seinem gesamten Vermögen für die hinterzogenen Steuern und Zinsen aufgrund wissentlich falsch erstellter Umsatzsteuervoranmeldungen und Rechnung. Jeder sollte sich hier über Risiken und Folgen einer Beihilfe zur Steuerstraftat bewusst sein.
Oft geht der Täter davon aus, dass er die Steuer ja später gezahlt habe oder die Hinterziehung per Saldo nicht so hoch ist. Hier greift in vielen Fällen das steuerstrafrechtliche Kompensationsverbot. Ein Unternehmer, der beispielsweise im Monat Februar eines Jahres eine falsche Umsatzsteuervoranmeldung in der Form abgegeben hat, dass er eine geringere Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss und dies mit der Voranmeldung vom Oktober des Jahres wieder ausgeglichen hat, muss sich dennoch den Vorwurf der Steuerhinterziehung in Höhe der im Februar wissentlich falsch ausgestellten Umsatzsteuervoranmeldung gefallen lassen. Eine Verrechnung mit der späteren Ausgleichszahlung lässt das Kompensationsverbot nicht zu.
Die Folgen aufgedeckter Steuerstraftaten sind je nach Schwere des Falls aufwendige und den Betroffenen in seinem Leumund schädigende und in seiner Handlungsfreiheit einengende Maßnahmen mit häufig drastischen finanziellen Folgen.
Zunächst werden die hinterzogenen Steuern und die hierauf entfallenden Zinsen (6 % p.a. gem. § 235 AO) gefordert. Bei Steuernachzahlungen im Bereich von 250 € und 2.500 € werden - je nach Finanzbehörde und Bundesland - unterschiedlich hohe Strafgelder (Aufgelder) vereinbart (Ermessensentscheidung), um eine sonst folgenfreie Einstellung des Verfahrens zu erzielen. Das Aufgeld liegt erfahrungsgemäß bei 20–80 % der hinterzogenen Steuer.
Bei einer rechtskräftigen Verurteilung erfolgt auch bei einer Geldstrafe die Eintragung in das Strafregister. Je nach Schwere des Falls droht auch eine Gefängnisstrafe, die bis zu einer Steuernachforderung von 1,0 Mio-Euro in eine Bewährungsstrafe abgemildert werden kann. Mit seiner Entscheidung vom 02.12.2008 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Verurteilung eines Handwerkers durch das Landesgericht Landshut mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten ohne Aussetzung auf Bewährung bestätigt. Der Handwerker hatte als Einzelunternehmer von 2001 bis 2005 den wesentlichen Teil seiner Arbeitnehmer schwarz arbeiten lassen und damit Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeträge nicht in der erforderlichen Höhe abgeführt. Seinen Auftraggebern verhalf der Unternehmer mit Scheinrechnung zu Vorsteuererstattungsansprüchen. Darüber hinaus verkürzte er die eigene Umsatzsteuer. Im Rahmen der Urteilsbegründung führte der BGH aus, dass auch im Steuerstrafverfahren die Höhe der Hinterziehung für das Strafmaß von Bedeutung ist. Für den „Normalfall“ gelte eine Grenze von 100.000 €. Nur bis zu diesem Betrag reiche regelmäßig eine Geldstrafe. Feste Tabellen und Euro-Werte als Messelatte für das Strafmaß existieren nicht. Auch hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Nicht nur aus der persönlichen Erfahrung als Verteidiger in Steuerstrafsachen (§ 392 Abgabenordnung) kann ich einen stetigen Anstieg an Steuerstrafverfahren in den vergangenen Jahren registrieren. Jährlich über 40.000 abgeschlossene Fälle, rund 2 Milliarden Mehrsteuern aus diesen Verfahren, mehr als 70 Millionen Euro an Geldbußen und 2000 Jahre abgeurteilte Gefängnisstrafen, sprechen hier eine eigene Sprache. Unter diesen Gesichtspunkten entspricht die neuerliche Rechtsprechung des BGH dem Trend der Zeit. Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens erfolgt – neuerdings – bereits in „Bagatellfällen“, obwohl dies sicherlich so durch den Gesetzgeber nicht beabsichtigt war. Eine bundeseinheitliche Regelung hierzu besteht nicht. So werden in Frankfurt/Main Nachzahlungsfälle unter 2.500 € in der Regel wegen Geringfügigkeit strafrechtlich nicht weiter verfolgt. Die Grenze liegt bei der Strafsachenstelle in Wetzlar jedoch mit 500 € deutlich niedriger. Aktuell liegt mir ein Fall aus Leipzig vor, bei dem es tatsächlich um 32,70 € geht. Hier hat ein Unternehmer Rechnungen die auf ein anderes Unternehmen ausgestellt waren, aber von ihm bezahlt wurden, im Adressfeld unkenntlich gemacht und auf sein Unternehmen umgeschrieben. Die zu Unrecht verkürzte Umsatzsteuer betrugt in diesem Fall 32,70 €. Sobald ein Anfangsverdacht vorliegt, erfolgt die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Verfahrens. Der Anlass hierzu kann, durch etwaige Hinweise Dritter (verärgerter Geschäftspartner, Ehefrau), durch Kontrollmitteilungen aus Erkenntnissen im Rahmen anderer Betriebsprüfungen oder Ermittlungen stattgefunden haben oder auch im Rahmen der turnusmäßigen Betriebsprüfung, erfolgen. Auch Privatpersonen sind hier häufig betroffen. Da werden aus „Gefälligkeit“ Mietrechnungen mit Umsatzsteuer ausgewiesen, diese aber nie beim Finanzamt erklärt oder abgeführt.
Nach Aufdeckung der Tat und herausarbeiten des Tatverlaufs und Lebenssachverhaltes erkennt der Betroffene meist seine Schuld, kann sich aber sein Handeln im Nachhinein nicht erklären. Auch hier schützt Nichtwissen i.d.R. vor Strafe nicht! Wurde dem Bürger der Tatbestand der Steuerhinterziehung belegt, so muss für ihn persönlich festgestellt werden, ob Vorsatz (Wissen und Wollen) oder bedingter Vorsatz vorlag. Der Begriff des „Vorsatzes“ ist nicht so stark zu werten wie die Verwendung des Wortes umgangssprachlich vermutet. Der Steuerpflichtige handelt bereits willentlich, wenn er Kenntnis (nahe liegend, auch möglicherweise) davon hat, dass er durch sein Handeln eine Steuerverkürzung (er billigt dies, findet sich damit ab) bewirkt. Befindet sich der Täter in Unkenntnis über die Tatumstände (Tatbestandsirrtum), so führt dies zum Ausschluss des Vorsatzes (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB). Die Ahndung der Tat wegen „Leichtfertiger Steuerverkürzung“ (§ 378 AO), „Steuergefährdung“ (§ 379 AO) oder „Verletzung der Aufsichtspflicht“ (§ 130 OWIG) bleibt hiervon jedoch unberührt.
Die „Leichtfertige Steuerverkürzung“ (§ 378 AO) ist mit dem Begriff der „groben Fahrlässigkeit“ vergleichbar. Der Täter (Steuerpflichtiger, Mittäter) handelt in Kenntnis dessen, dass er durch sein Handeln möglicherweise (aber fern liegend) eine Steuerverkürzung bewirkt, die er jedoch nicht will und auf dessen Nichteintritt er vertraut. Die Einstufung der Tat als Steuerhinterziehung (Straftat) oder Leichtfertige Steuerverkürzung (Ordnungswidrigkeit) hängt letztlich vom Nachweis eines Vorsatzes ab.
Eine „Steuergefährdung“ (§ 379 AO) liegt vor, wenn falsche Belege ausgestellt oder weiterverkauft/weitergereicht werden oder buchungs- und aufzeichnungspflichtige Vorgänge falsch verbucht werden und es dadurch ermöglicht wird Steuern zu verkürzen oder unberechtigte Steuervorteile zu erlangen.
Nach § 30 Ordnungswidrigkeitsgesetz (OWIG) können Ordnungsgelder bis zu 1,0 Mio-Euro gegen Personen festgesetzt werden, die in leitender / verantwortlicher Funktion einer juristischen Person, wie beispielsweise eine Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) oder eine eingetragenen Vereines, oder auch als Mitgesellschafter einer Personengesellschaft berufliche Sorgfaltspflichten verletzen. In der Alltagspraxis kann es sich hier um Mitglieder eines Vereinsvorstandes handeln oder auch um verantwortliche Mitarbeiter die ihre Aufgaben nicht ordentlich und pflichtgemäß erfüllen.
Eine Selbstanzeige wegen einer Steuerhinterziehung oder der Mitwirkung bei einer Steuerhinterziehung kann unter bestimmten Umständen strafbefreiend sein. Bei einem bereits eröffneten Steuerstrafverfahren ist für die betroffene Person keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr möglich. So kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass einer der Beteiligten für sich persönlich beim Finanzamt eine strafbefreiende Selbstanzeige abgibt und damit zwangsläufig die übrigen Beteiligten anzeigt. Für diese ist in den meisten Fällen dann keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr möglich. Typischer Fall: Der Privatmann der einen Handwerker ohne Erhalt eine Rechnung zur Ausführung einer Bauleistung beauftragt hat, will Garantieansprüche gerichtlich geltend machen. Vorher informiert er das Finanzamt über die „fehlende“ Rechnung des Handwerkers.
Bei professioneller steuer- und strafrechtlicher Vertretung kann jedoch in vielen Steuerhinterziehungsfällen die Einstellung des Verfahrens gegen Auflage (Zahlung eines deutlichen Aufgeldes neben Steuern + Zinsen) erreicht werden (§ 353a StPO).
Die Verjährungsfrist zur Strafverfolgung einer Steuerstraftat beträgt fünf Jahre. Bei gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung i.S.v. § 370a AO beträgt die strafrechtliche Verjährungsfrist gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB jedoch zehn Jahre. Sie beginnt mit Bekanntgabe des falschen Steuerbescheids. Soweit überhaupt keine Steuererklärung abgegeben wurde, beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt, bei dem ca. 90 % der Veranlagungsfälle beim Finanzamt abgearbeitet wurden. Im Falle der Einkommensteuer wäre dies erfahrungsgemäß am 28.02. des zweiten nach dem Veranlagungsjahr folgenden Jahres der Fall. Damit umfasst der strafrechtlich relevante Zeitraum für einen Steuerhinterzieher, der Anfang 2008 Steuererklärungen strafbefreiend nachreichen möchte, die Jahre 2002–2006. Soweit Steuerhinterziehungen auch für frühere Jahre vorliegen, entfällt die strafrechtliche Ahndung, aber nicht die Nachzahlungsverpflichtung gegenüber der Finanzbehörde. Die Festsetzungsverjährung beträgt hier zehn Jahre.
Auch wenn die Finanzverwaltung im Rahmen der Festsetzungsverjährung in Steuerhinterziehungsfällen gem. § 169 AO für einen längeren Zeitraum die Steuern nachfordern kann, macht es Sinn, eine strafbefreiende Selbstanzeige auf den strafrechtlich relevanten Zeitraum zu beschränken. Die Finanzverwaltung wird dann, je nach Schwere der Tat, die Abgabe weiterer Steuererklärungen für die Vorjahreszeiträume anfordern.
Überprüfung zum Eintritt der Festsetzungsverjährung gem. § 169 AO:
Im Normalfall: vier Jahre
Bei leichtfertiger Steuerverkürzung: fünf Jahre
Bei Steuerhinterziehung: zehn Jahre
Die Festsetzungsfrist beginnt gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Jahres, nach dem die Steuer entstanden ist. Die Steuer ist mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres entstanden:
Beispiel: Einkommensteuer 1994:
Beginn der Verjährungsfrist: 31.12.1997/01.01.1998
Eintritt der Festsetzungsverjährung bei Steuerhinterziehung: zehn Jahre = 31.12.2008
Weitere Infos zum Themenkomplex:
- Berichtigung von Steuererklärungen
Gem. § 153 AO ist der Steuerpflichtige verpflichtet, eine Steuererklärung unverzüglich zu berichtigen, wenn er erkennt, dass die von ihm abgegebene Steuererklärung unrichtig oder unvollständig ist.
Ebenso ist es der Finanzbehörde anzuzeigen, wenn die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung ganz oder teilweise weggefallen sind (Bsp. Kind nicht mehr im Haushalt, Wegfall der Körperbehinderung etc.)
Den steuerlichen Berater trifft die Verpflichtung, wenn er oder seine Mitarbeiter die Unrichtigkeit zu vertreten haben oder wenn der Berater trotz richtiger Angaben des Mandanten fahrlässig eine fehlerhafte Steuererklärung erstellt (vergl. Joecks, INFO 97, 21)
- Unberechtigte Erlangung einer Steuervergünstigung lt. Steuerbescheid
Der Steuerpflichtige ist nicht verpflichtet die Finanzbehörde auf einen ihm – ohne sein Zutun – gewährten Steuervorteil hinzuweisen. (Vergl. HHSp/Hellmann Rz. 103 mwN)
- Antrag auf Herabsetzung der Steuervorauszahlung
Hat der Steuerpflichtige die Herabsetzung der Vorauszahlungen beantragt, die sich später als unrichtig erweist, ist er zur Richtigstellung verpflichtet, wenn er die Unrichtigkeit vor Abgabe der Jahreserklärung erkennt (Ludwig Schmidt 2003). In der Alltagspraxis wurden Steuerstrafverfahren gegen Unternehmer/Selbstständige eingereicht, die eine Herabsetzung von Steuervorauszahlung – wider besseres Wissens – begehrten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Jahr für das die Vorauszahlung geändert werden soll, bereits weitgehend oder vollständig abgelaufen ist und objektiv alle notwendigen Daten bekannt sind.
- Vertretung im Steuerstrafrecht
„Wann braucht der Steuerhinterzieher einen Anwalt?“, ist eine der häufigsten Fragen in Gesprächen mit betroffenen Mandanten. Im Steuerstrafrecht kann, soweit das Strafverfahren durch die Finanzbehörde und nicht durch die Staatsanwaltschaft betrieben wird, auch der Steuerberater die Vertretung übernehmen (§ 138 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 386, 392 AO). In den steuerlichen Dingen ist dieser i.d.R. bewanderter als ein Strafverteidiger. Geschätzt die Hälfte der rund 4.000 zertifizierten Fachanwälte für Steuerrecht sind im eigentlichen Steuerrecht nicht ausreichend bewandert, um hier den Ermittlungsbehörden auf Augenhöhe gegenüberzustehen. Anders ist dies nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens und einer notwendigen Verteidigung vor dem Strafgericht. Sollte sich dieser Prozess nicht gänzlich vermeiden lassen, muss ein erfahrender Strafverteidiger (Rechtsanwalt) hinzugezogen werden.
Er sollte jedoch mit wesentlichen Regeln eines Steuerstrafverfahrens vertraut sein. Hierzu gehört u.a., dass er seinen Mandanten nicht belasten darf. Das Risiko besteht vor allem, wenn der Ehegatte/Mandant durch die Erklärungen zum anderen Ehegatten belastet wird. Die Vertretung beider Ehegatten gleichzeitig ist nicht möglich (Parteiverrat). Hier empfiehlt es sich, einen Anwalt hinzuzuziehen.
Mögliche Vorgehensweise:
1. Mitteilung der Finanzbehörde zur Eröffnung des Strafverfahrens prüfen.
(Wer ist beschuldigt, für wen ist noch eine strafbefreiende Selbstanzeige möglich etc.)
2. Mandanten befragen, Lebenssachverhalt ermitteln und plausibilisieren.
3. Die Vorladung des Beschuldigten zur Anhörung bei der Strafsachenstelle zunächst ablehnen und Akteneinsicht anfordern.
4. Nach Akteneinsicht durch den Berater: Verteidigungsstrategie gemeinsam mit dem Mandanten entwickeln. Ziele: Je nach Schwere der Schuld, Einstellung des Verfahrens gegen Aufgeld.
5. Bei Eskalation des Verfahrens bzw. Nichteinstellung und Weitergabe an die Staatsanwaltschaft: Hinzuziehung eines Strafverteidigers.